Säumniszuschläge sind nicht nur ein Druckmittel, das den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll, sondern dienen auch als Zinsersatz sowie der Abgeltung von Verwaltungsaufwand; verlieren Säumniszuschläge ihren Sinn als Druckmittel, kommt daher regelmäßig nur ein hälftiger Erlass in Betracht (Anschluss an die ständige Rechtsprechung).
Dass beim Wegfall der Druckfunktion regelhaft die Hälfte der Säumniszuschläge erlassen wird, beruht auf einer zulässigen Typisierung; es kommt nicht darauf an, welchen Verwaltungsaufwand die Säumnis im konkreten Einzelfall verursacht hat.
So lautet ein aktuell veröffentlichtes Urteil des FG Hamburg.
Die Beteiligten stritten über die Höhe eines Erlasses von Säumniszuschlägen bei einem zahlungsunfähigen und überschuldeten Schuldner.
Der Kläger beantragte als Insolvenzverwalter den Erlass sämtlicher Säumniszuschläge, die der Beklagte angemeldet hatte. Der Beklagte erließ (nur) 50 % der Säumniszuschläge. Nach erfolgtem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage, die das Gericht als unbegründet abwies. Das Gericht führt dazu aus, dass der lediglich hälftige Erlass der Säumniszuschläge rechtmäßig sei.
Die Entscheidung über den Erlass sei eine Ermessensentscheidung und unterliege gemäß § 102 Satz 1 FGO lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen sei daher bei einer Erlassablehnung nur, ob die Finanzbehörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht habe. Im Einzelfall könne der Ermessensspielraum so eingeengt sein, dass nur eine Entscheidung ermessensgerecht sei (sog. Ermessensreduktion auf Null). Sei nur der Erlass eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ermessensgerecht, könne das Gericht gemäß § 101 Satz 1 FGO die Verpflichtung zum Erlass aussprechen (st. Rspr.).
Säumniszuschläge seien nicht nur ein Druckmittel, das den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Zahlung anhalten solle, sondern auch ein Instrument, um eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten (»Zinsersatz«) sowie um Verwaltungsaufwendungen abzugelten, die durch die nicht fristgemäße Zahlung entstünden. Verlören Säumniszuschläge ihren Sinn als Druckmittel, weil der Steuerpflichtige zahlungsunfähig und überschuldet sei und deshalb nicht zahlen könne, komme daher regelmäßig nur ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge in Betracht (ständige Rspr.). Auch das Finanzgericht Hamburg und der erkennende Senat seien dieser Rechtsprechung gefolgt.
Weder aus der Gesetzeshistorie noch aus aktuellen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesfinanzhofs ergäben sich Gründe, von dieser langjährigen und gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Dass bei Wegfall der Druckfunktion regelhaft die Hälfte der Säumniszuschläge erlassen würden, beruhe auf einer zulässigen typisierenden Betrachtung, ohne dass es darauf ankomme, welchen Verwaltungsaufwand die Säumnis in dem konkreten Einzelfall verursacht habe.
Zwar sei auch bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ein weitergehender Erlass der Säumniszuschläge grundsätzlich möglich, hierfür bedürfe es aber zusätzlicher besonderer Gründe persönlicher oder sachlicher Billigkeit, die das Gericht in dem entschiedenen Fall nicht zu erkennen vermochte.
FG Hamburg, Mitteilung vom 30.06.2025 zu Urteil vom 31.03.2025, 3 K 161/23 (BFH-Az.: XI B 30/25)