Lieferung von Abfall unterliegt der Umsatzsteuer

Der Kläger ist als selbständiger Unternehmer (»Hausratverwertung«) gewerblich tätig. Er sammelt insbesondere ausrangierte Bürostühle, die er soweit möglich repariert und verkauft. Für das Streitjahr 2020 beantragte er beim beklagten Finanzamt erfolglos, seine Umsätze mit Bürostühlen wegen deren Abfalleigenschaft nicht der Umsatzsteuer zu entwerfen. Mit seiner Klage trägt er vor, Abfälle i. S. der Abfallhierarchie des § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) – insbesondere Bürostühle – zur Wiederverwendung vorzubereiten. Für die Lieferung dieser Gegenstände würden ihm weder ein Entgelt berechnet noch die Frachtkosten. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG seien Abfälle i. S. dieses Gesetzes u. a. alle Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledige. Die Lieferung solcher Gegenstände habe bereits der Umsatzsteuer unterlegen. Daher würde, wenn die Lieferung der von ihm zur Wiederverwendung vorbereiteten Stühle oder anderen Gegenstände an seine Kunden der Umsatzsteuer unterlägen, eine Doppelbesteuerung eintreten. Eine solche würde sowohl gegen die Mehrwertsteuersystemrichtlinie als auch gegen Art. 20a des Grundgesetzes (GG) verstoßen, nach dem der Staat in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen schütze.

Das Finanzgericht wies die Klage im Wesentlichen aus den folgenden Gründen ab:

Die Lieferung von Abfall i. S. von Art. 3 Nr. 1 der Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien) unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Umsatzsteuer.

Auch die Gegenstände, die der Kläger zur Wiederverwendung vorbereitet hat, sind, soweit er mit diesen Lieferungen gegen Entgelt ausführt, Gegenstände sowohl i. S. von § 3 Abs. 1 UStG als auch i. S. von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem). Insoweit ändern – und sei es umweltpolitisch oder betriebswirtschaftlich noch so wünschenswert für Unternehmen mit dem vorliegenden Gegenstand – hieran weder Art. 3 Nr. 1 der Abfallrahmenrichtlinie noch Art. 20a GG etwas.

Wegen der von ihm angenommenen »Doppelbelastung« sei der Kläger darauf verwiesen, dass er ihm berechnete Umsatzsteuer regelmäßig gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuerbeträge abziehen kann. Ein anderes Ergebnis vermag auch der Hinweis auf die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht zu begründen, da der Kläger die Stühle oder ggf. die anderen Gegenstände, derer sich ihre Besitzer entledigt hatte, ausnahmslos unentgeltlich erhalten hatte.

FG Baden-Württemberg, Mitteilung vom 20.08.2024 zum Urteil 1 K 11/24 vom 14.03.2024 (nrkr - BFH-Az.: XI B 19/24)

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