Mandantenbrief Dezember 2022

Steuertermine

12.12. Umsatzsteuer
Lohnsteuer
Kirchensteuer zur Lohnsteuer
Einkommensteuer
Kirchensteuer
Körperschaftsteuer

Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 18.11. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck.

Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen.

Alle Angaben ohne Gewähr

Vorschau auf die Steuertermine Januar 2023:

10.01. Umsatzsteuer
Lohnsteuer
Kirchensteuer zur Lohnsteuer

Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 13.01. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck.

Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen.

Alle Angaben ohne Gewähr

Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge Dezember 2022

Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für Dezember ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 28.12.2022.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Keine Steuerhinterziehung bei Nichtabgabe der Steuererklärung, wenn der Fiskus alle Daten hat

Für die Frage, bis wann noch ein Steuerbescheid erlassen werden kann, kommt es regelmäßig auf die Festsetzungsfrist an. Eine Steuerfestsetzung ist nämlich nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. So grundlegend geregelt in der Abgabenordnung in § 169 Abs. 1 Satz 1 AO. Wie lang die Festsetzungsfrist ist, hängt allerdings auch davon ab, ob der Normalfall vorliegt, eine Steuer hinterzogen wird oder gegebenenfalls leichtfertig verkürzt wird.

Für die Einkommensteuer beträgt die Festsetzungsfrist regelmäßig vier Jahre. Sie beträgt allerdings zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit die Steuer leichtfertig verkürzt wird. Die Festsetzungsfrist beginnt dabei grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Für 2022 beginnt sie daher mit Ablauf des 31.12.2022. Hiervon abweichend beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften zwingend einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.

Ob nun eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, bestimmt sich auch bei Prüfung der Festsetzungsverjährung nach den einschlägigen Vorschriften für Steuerhinterziehungen und Steuerverkürzung entsprechend der §§ 370 und 378 AO. Hinterzogen sind danach die Beträge, für die der objektive und subjektive Tatbestand des § 370 AO erfüllt ist. Eine leichtfertige Steuerverkürzung hingegen liegt vor, wenn der objektive und subjektive Tatbestand des § 378 AO erfüllt ist.

Auf erstinstanzlicher Ebene hat nun das Finanzgericht Münster in seiner Entscheidung vom 24.6.2022 unter dem Aktenzeichen 4 K 135/19 E entschieden, dass eine vollendete Steuerhinterziehung durch Unterlassen regelmäßig ausscheidet, wenn die Finanzbehörde von den für die Steuerfestsetzung wesentlichen tatsächlichen Umständen Kenntnis hat. Wer nämlich seine Steuererklärung entgegen einer gesetzlichen Vorschrift pflichtwidrig nicht abgibt, kann allenfalls durch den objektiven Tatbestand der Unterlassung mit einer Steuerverkürzung in Berührung kommen. Der objektive Tatbestand, der im Fall der pflichtwidrigen Nichtabgabe einer Steuererklärung allein in Betracht kommenden Unterlassungsvariante setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die Finanzbehörde pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

Im Streit vor dem Finanzgericht Münster hatten die Kläger die für ihre Einkommensteuerveranlagung zuständige Finanzbehörde nicht über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen. Tatsächlich waren nämlich dem Finanzamt die für die Einkommensteuerfestsetzung wesentlichen Umstände bekannt. Insbesondere hatte der Fiskus zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt (Abschluss der wesentlichen Veranlagungsarbeiten) elektronische Lohnsteuerbescheinigungen er Steuerpflichtigen vorliegen, da die Steuerpflichtigen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit bezogen haben und beim Lohnsteuerabzug die Steuerklassen III und V berücksichtigt wurden. Diese elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen waren mit der gemeinsamen Steuernummer der verheirateten Kläger konkret verknüpft und ihr tatsächlich zugeordnet. Die Daten waren in einer Übersicht über elektronische Bescheinigungen beim Finanzamt abrufbar. Man muss sie halt auch abrufen!

Entgegen der Meinung des Fiskus liegt daher nicht bereits eine vollendete Steuerhinterziehung vor, weil die Steuerpflichtigen es nach dem Wechsel von der Antragsveranlagung zur Pflichtveranlagung unterlassen haben, Einkommensteuererklärungen einzureichen. Definitiv waren sie dazu verpflichtet. Allerdings reicht allein eine Verletzung von Erklärungspflichten nicht aus, um den Tatbestand der Steuerhinterziehung zu verwirklichen.

Nach klarer, eindeutiger und nachvollziehbarer Überzeugung des Finanzgerichtes Münsters scheidet eine vollendete Steuerhinterziehung durch Unterlassen, also durch Nichtabgabe der Steuererklärung, in den Fällen aus, in denen die Finanzbehörden zum maßgeblichen Veranlagungszeitpunkt von den für die Steuerfestsetzung wesentlichen tatsächlichen Umständen bereits Kenntnis haben.

So setzt schon der gesetzliche Wortlaut in § 370 Abs. 1 Nummer 2 AO ein In-Unkenntnis-lassen des Fiskus über steuerlich erhebliche Tatsachen voraus. Definitiv kann man jedoch den Fiskus nicht „in Unkenntnis lassen“, wenn dieser tatsächlich über alle wesentlichen für die Steuerfestsetzung maßgeblichen Umstände informiert ist. Dies hat auch bereits einmal das Oberlandesgericht Oldenburg mit einem Beschluss vom 10.7.2018 unter dem Aktenzeichen Ss 51/18 so geäußert. Hat nämlich die Finanzverwaltung die erforderlichen Informationen erhalten, so scheidet eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen aus.

Der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 370 AO steht dieser Auslegung auch nicht entgegen, sondern stützt sogar die Meinung des Finanzgerichtes Münster. Das nach der Regelung geschützte Rechtsgut ist das öffentliche Interesse an der rechtzeitigen und vollständigen Erhebung der von dieser Norm erfassten Steuern. Eine Gefährdung für dieses Rechtsgut durch die Steuerpflichtigen besteht insoweit nicht, wenn die Finanzbehörden tatsächlich über die für die Besteuerung wesentlichen Umstände informiert sind.

Der in der Literatur teilweise vertretenen Auffassung, nach der ein In-Unkenntnis-lassen bereits dann vorliegt, wenn ein Erklärungspflichter pflichtwidrig die steuerlich erheblichen Tatsachen nicht mitteilt, folgt das Finanzgericht Münster ganz ausdrücklich nicht. Eine solche Auslegung lässt sich nach Meinung des Gerichtes nicht ohne weiteres mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbaren. Dieser knüpft ausdrücklich an ein In-Unkenntnis-lassen und nicht an ein pflichtwidriges Unterlassen von Erklärungspflichten an. Außerdem ist die Erfüllung von steuerlichen Mitwirkungspflichten oder steuerlichen Erklärungspflichten nicht das geschützte Rechtsgut von § 370 AO. Schließlich kommt es auch nicht zu Strafbarkeitslücken. Auch nach der durch das Finanzgericht Münster vertretenen Auffassung bleibt eine Versuchsstrafbarkeit möglich.

Im Endeffekt bleibt es daher bei der Aussage, dass ein Steuerpflichtiger die Finanzbehörde nicht in Unkenntnis lassen kann, wenn die Finanzbehörde tatsächlich über alle wesentlichen für die Steuerfestsetzung maßgeblichen Umstände bereits (auf anderem Weg bzw. auf welchem Weg auch immer) informiert ist.

Hinweis: Da es zu der vom Finanzgericht Münster entschiedenen Frage bisher keinerlei höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, hat die erste Instanz die Revision zum Bundesfinanzhof in München zugelassen. Tatsächlich hat die Finanzverwaltung den Revisionszug auch bestiegen und möchte den Fall vor dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen IV R 14/22 klären lassen. Es bleibt zu hoffen, dass auch die obersten Finanzrichter der Republik erkennen, dass man etwas Bekanntes nicht verschweigen kann.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Hinzuschätzungen bei unklarer Mittelherkunft

Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 162 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Bei einer solchen Schätzung sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht nach § 158 der Abgabenordnung (AO) zugrunde gelegt werden können, weil sie insbesondere den Buchführungspflichten der Regelungen in §§ 140 bis 148 AO nicht entsprechen, oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrung bestehen.

Dies alles hört sich schon danach an, dass die Schätzungsbefugnisse durchaus sehr umfangreich aussehen können. Dennoch gibt es Grenzen.

So können beispielsweise Bareinlagen in eine GmbH, seien sie verdeckt oder offen, nicht allein deshalb zu Hinzuschätzungen von Betriebseinnahmen bei der Kapitalgesellschaft führen, wenn die Mittelherkunft beim Gesellschafter nicht aufzuklären ist.

So entschieden in einem Fall vor dem Finanzgericht Münster mit Entscheidung vom 18.5.2022 unter dem Aktenzeichen 10 K 261/17 K. Im Urteilsfall hatte eine auch in erheblichem Umfang Barumsätze tätigende Kapitalgesellschaft ebenso erhebliche Aufzeichnungsmängel bei der Führung der offenen Ladenkasse. Die weiteren Feststellungen der Betriebsprüfungen ergaben zudem, dass der Alleingesellschafter nicht unerhebliche Bareinlagen in seine Kapitalgesellschaft getätigt hatte. Nach Angaben des Gesellschafters stammen diese Mittel aus ihm persönlich gewährten Darlehen und aus Barrücklagen, welche wiederum aus jahrzehntelang zurückliegenden Verkäufen von Edelmetallen resultieren.

Die Betriebsprüfung führte daraufhin auf privater Ebene des Gesellschafters eine Geldverkehrsrechnung durch. Diese führte tatsächlich zu wesentlichen Fehlbeträgen. Diese Fehlbeträge wiederum wollte das Finanzamt als Mehreinnahmen der GmbH ansetzen und korrespondierend dazu verdeckte Gewinnausschüttungen an den Alleingesellschafter annehmen. Mit zuvor bereits genannter Entscheidung stellte das erstinstanzliche Finanzgericht Münster jedoch klar, dass die beim Gesellschafter durchgeführte Geldverkehrsrechnung nicht zu einer Schätzungsbefugnis auf Ebene der Kapitalgesellschaft führt. Insoweit kann schlicht nicht zwangsläufig die Schlussfolgerung gezogen werden, dass eine Kapitalgesellschaft bei ungeklärten Vermögenszuwächsen ihres Gesellschafters nicht erfasste Betriebseinnahmen erzielt hat.

Anders kann ein ähnlich gelagerter Sachverhalt jedoch aussehen, wenn es sich nicht um eine Kapitalgesellschaft handelt, sondern vielmehr um ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft. Dies ist zurückzuführen auf eine Entscheidung des Finanzgerichtes Münster vom 9.6.2021 unter dem Aktenzeichen 13 K 3250/19 E. Bei der Nachweisführung über Einzahlungen auf einem betrieblichen Bankkonto obliegen dem Steuerpflichtigen nämlich deutlich erhöhte Mitwirkungspflichten. Diese erhöhten Mitwirkungspflichten greifen selbst dann, wenn das betriebliche Bankkonto auch privat genutzt wird, es sich also um ein gemischt genutztes Bankkonto handelt. Unter dem Strich ist daher das Finanzamt berechtigt, die Bareinzahlungen auf ein solches Konto als Betriebseinnahmen hinzuzuschätzen, wenn der Betriebsinhaber lediglich angeben kann, die Bareinzahlung beruhe auf privaten Gründen. Im Sachverhalt des Finanzgerichtes Münster, welcher der Entscheidung vom 9.6.2021 zugrunde liegt, gab der Steuerpflichtige an, dass es sich bei der Bareinzahlung um ein Darlehen eines im Ausland ansässigen zukünftigen Ehepartners handelt, der in seinem Heimatland absoluten Schutz seiner Identität und Privatsphäre besitze. Das Finanzgericht Münster stellte jedoch klar, dass insoweit durch ein ausländisches Steuergeheimnis kein Schutz dergestalt gewährt werden kann, dass ungeklärte Kapitalzuführungen nicht als unversteuerte Einnahmen deklariert werden können.

Dennoch wollte der Steuerpflichtige diesem Fall die Hinzuschätzung nicht hinnehmen und hat sich mittels Nichtzulassungsbeschwerde an den Bundesfinanzhof gewendet. Unter dem Aktenzeichen X B 101/21 muss der Bundesfinanzhof nach Zulassung der Revision klären, unter welchen Voraussetzungen Bareinzahlungen auf ein gemischt genutztes Bankkonto als steuerpflichtige Einkünfte erfasst werden können. Tatsächlich wird jedoch damit zu rechnen sein, dass der Bundesfinanzhof dies in der Sache nicht anders sieht als seine erstinstanzlichen Kollegen. Eventuell könnte sogar dazukommen, dass die Nichtzulassungsbeschwerde erst gar nicht zur Entscheidung angenommen wird.

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3. Für alle Steuerpflichtigen: Wann liegt ein privates Veräußerungsgeschäft bei unentgeltlicher Überlassung einer Wohnung an Kinder vor?

Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 22 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zählen zu den sonstigen Einkünften auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne der Regelung des § 23 EStG. Dazu gehören unter anderem Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre betragen hat.

In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber jedoch Ausnahmetatbestände für Wohnungen geschaffen, die zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Diesbezüglich gilt konkret das Folgende: Ausgenommen sind insoweit Immobilien, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (erste Alternative) oder im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (zweiter Alternative) genutzt wurden. So geregelt in § 23 Abs. 1 Satz eins Nummer 1 Satz 3 EStG.

Fraglich ist nun, was alles unter eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken fällt. Gehört hierzu auch die Überlassung einer Immobilie an Kinder? Mit Urteil vom 24.5.2022 hat der BFH unter dem Aktenzeichen IX R 28/21 entschieden, dass der Ausdruck „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ im beiden Alternativen der Steuerbefreiung voraussetzt, dass eine Immobilie zum Bewohnen dauerhaft geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch tatsächlich bewohnt wird. Der Steuerpflichtige muss das Gebäude zumindest auch selbst nutzen. Unschädlich für die Steuerbefreiung ist es hingegen, wenn er es gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder Dritten bewohnt, wie der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 18.1.2006 unter dem Aktenzeichen IX R 18/03 festgestellt hat.

Entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird ein Gebäude auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn der Steuerpflichtige es nur zeitweilig bewohnt, sofern es im Übrigen als Wohnung zur Verfügung steht. Denn eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setzt weder die Nutzung als Hauptwohnung voraus noch muss sich dort der Schwerpunkt der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse befinden. Ein Steuerpflichtiger kann deshalb mehrere Gebäude gleichzeitig zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Erfasst sind daher auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden. Ist deren Nutzung auf Dauer angelegt, kommt es nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige noch eine oder mehrere weitere Wohnungen hat oder wie oft er sich darin aufhält. Eine sich auf mehrere Wohnungen beziehende Nutzung zu Wohnzwecken kann gerade auch dann vorliegen, wenn sich der Haushalt einer Familie auf mehrere Örtlichkeiten verteilt. So ist beispielsweise eine Verteilung auf den Familienwohnsitz einerseits und den doppelten Haushalt am Ort der Beschäftigung andererseits bzw. einen weiteren Haushalt am Studienort von einkommensteuerlich zu berücksichtigen Kindern denkbar.

Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt hingegen vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich einem Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. Hingegen ist eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung oder die Wohnung insgesamt einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind unentgeltlich zur teilweisen oder alleinigen Nutzung überlässt. Die Nutzung der Wohnung durch das Kind ist dem Eigentümer in diesem Fall als eigene Nutzung zu Wohnzwecken zuzurechnen, weil es ihm Rahmen seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtungen obliegt, für die Unterbringung des Kindes zu sorgen.

Überlässt der Steuerpflichtige die Wohnung nicht ausschließlich einem einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kind (oder mehreren einkommensteuerlich zu berücksichtigenden Kindern) unentgeltlich zur Nutzung, sondern zugleich einem Dritten, liegt keine begünstigte Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor.

Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass eine Wohnung, die der Steuerpflichtige unentgeltlich an Kinder überlässt, die im maßgeblichen Zeitraum der zehnjährigen Veräußerungsfrist nicht mehr im Rahmen des Kinderfreibetrages oder des Kindergelds berücksichtigungsfähig sind, nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Insoweit ist bei deren Veräußerung ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG zu versteuern. Die Besteuerungsausnahme greift lediglich dann, wenn die Wohnung einem Kind überlassen wird, für welches der Steuerpflichtige einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält. Nur in diesem Fall kann von einer (mittelbaren) Eigennutzung zu Wohnzwecken ausgegangen werden.

Hinweis: Da dementsprechend bei einer Überlassung einer Immobilie an ein nicht nach § 32 EStG zu berücksichtigen des Kindes die Besteuerungsausnahme des privaten Veräußerungsgeschäftes nicht greift, muss in der Praxis überlegt werden, ob entsprechende Fälle nicht grundsätzlich anders angegangen werden, um unter dem Strich einen Steuervorteil zu erreichen.

Häufig sind Sachverhalte betroffen, bei denen dem Kind am Studienort eine kleine Wohnung gekauft und schließlich überlassen wurde. Insoweit muss geprüft werden, ob nicht die Vermietung an das Kind zu einem besseren steuerlichen Ergebnis führt. Konkret könnte sich der Sachverhalt wie folgt gestalten: Im Rahmen der Unterhaltsverpflichtung erhält das Kind von seinen Eltern einen Barunterhalt. Aus diesem Barunterhalt zahlt das Kind eine verbilligte Miete an seine vermietenden Eltern, welche jedoch noch nicht dazu führt, dass eine Werbungskostenkürzung oder gar eine Überschussprognose durchgeführt werden müssen. Auf Seite der Eltern wird jedoch insbesondere durch die verbilligte Vermietung gepaart mit dem kompletten Werbungskostenabzug ein Überschuss der Werbungskosten über die Vermietungseinnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geschaffen, welcher mit anderen Einkünften verrechnet werden kann. Im Ergebnis wird sicherlich auch diese Immobilie bei Veräußerung innerhalb von zehn Jahren zu einem privaten Veräußerungsgeschäft führen. Tatsächlich hat man jedoch Jahr für Jahr über die Verrechnung des Vermietungsverlustes mit anderen positiven Einkünften bereits einen Einkommensteuervorteil generiert. Im Einzelfall könnte dieses Vorgehen daher als die bessere Lösung betrachtet werden.

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4. Für Erben: Steuerbefreiung für das Familienheim trotz verzögertem Einzug

Aufgrund der sachlichen Steuerbefreiung im Erbschaftsteuergesetz ist unter anderem der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück durch Kinder im Sinne der Steuerklasse I Nummer 2 steuerfrei. Die Steuerbefreiung gilt dabei soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war. Weitere Voraussetzung ist, dass der Erwerber das Familienheim auch unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt. Zudem ist die Steuerbefreiung auf eine Wohnfläche der Wohnung von 200 m² begrenzt.

Streitbefangen ist dabei regelmäßig die Frage, wann noch eine unverzügliche Selbstnutzung gegeben ist. Vor diesem Hintergrund hat seinerzeit das erstinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf in einer Entscheidung vom 10.3.2021 unter dem Aktenzeichen 4 K 2245/19 Erb geurteilt, dass der Erwerb einer vom Erblasser als Teil seines Grundvermögens genutzten Wohnung mangels der unverzüglichen Bestimmung zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht steuerfrei ist, wenn der Entschluss zur Selbstnutzung der Wohnung aufgrund im Einflussbereich des Erwerbes liegender vorhersehbare Umstände erst 18 Monate nach dem Erbfall umgesetzt wird. Bei den vorhersehbaren Umständen handelte es sich im Urteilsfall um die Erforderlichkeit der Räumung und der Durchführung von Renovierungsarbeiten.

Erfreulicherweise hat der Bundesfinanzhof die erstinstanzliche Entscheidung aus Düsseldorf mit Urteil vom 16.3.2022 unter dem Aktenzeichen II R 6/21 relativiert. Insoweit stellen die obersten Finanzrichter der Republik fest, dass die Frage des Zeitpunktes, wann von einer unverzüglichen Bestimmung zur Selbstnutzung auszugehen ist, durch die Rechtsprechung zwischenzeitlich geklärt ist.

So ist eine Wohnung zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt, wenn der Erwerber die Absicht hat, die Wohnung selbst zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen und diese Absicht auch tatsächlich umsetzt.

Die Absicht des Erwerbes zur Selbstnutzung der Wohnung lässt sich als eine innere Tatsache nur anhand äußerer Umstände feststellen. Erforderlich ist deshalb unbedingt, dass der Erwerber in die Wohnung einzieht und sie als Familienheim für eigene Wohnzwecken nutzt. Die bloße Widmung zur Selbstnutzung reicht insoweit nicht aus, wenn kein tatsächlicher Einzug erfolgt. Dasselbe gilt, wenn der Erwerber durch Äußerungen gegenüber Dritten seine Absicht zum Einzug lediglich bekundet, wie bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 6.5.2021 unter dem Aktenzeichen II R 46/19 herausgearbeitet hat.

Ebenfalls ist bereits geklärt, dass der Erwerber nicht tatsächlich in die Wohnung einzieht, wenn er sie nur als Lagerraum nutzt oder sich beispielsweise gelegentlich im Garten, auf dem Balkon, im Keller oder auf dem Dachboden aufhält. Der Begriff des Familienheims erfordert, dass der Erwerber dort den Mittelpunkt seines Lebensinteresses hat. Dafür bedarf es einer Nutzung zu eigentlichen Wohnzwecken.

Ebenso ist es weitere Voraussetzung für die sachliche Steuerbefreiung des Familienheims, dass der Erwerber die Wohnung unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, zur Selbstnutzung für eigene Wohnzwecken bestimmen muss. Unverzüglich erfolgt eine Handlung dabei nur, wenn sie innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungszeit vorgenommen wird. Dies bedeutet auch, dass ein Erwerber zur Erlangung der Steuerbefreiung für ein Familienheim innerhalb einer angemessenen Zeit nach dem Erbfall die Absicht zur Selbstnutzung des Hauses fassen und tatsächlich umsetzen muss. Angemessen ist dabei regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten nach dem Erbfall. Innerhalb dieses Zeitraums kann der Erwerber in der Regel prüfen, ob er einziehen möchte, entsprechende Renovierungsarbeiten vornehmen und den Umzug durchführen.

Wird hingegen die Selbstnutzung der Wohnung erst nach Ablauf von sechs Monaten aufgenommen, kann ebenfalls eine unverzügliche Bestimmung zur Selbstnutzung vorliegen. Allerdings muss der Erwerber in diesem Fall darlegen und glaubhaft machen, zu welchem Zeitpunkt er sich zur Selbstnutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecke entschlossen hat, aus welchen Gründen ein tatsächlicher Einzug in die Wohnung nicht früher möglich war und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat. Umstände im Einflussbereich des begünstigten Erwerbers, die nach Ablauf der sechs Monate zu einer längeren Verzögerung des Einzugs führen, sind unter besonderen Voraussetzungen nicht dem Erwerber anzulasten. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn sich die Renovierung deshalb länger hinzieht, weil nach Beginn der Renovierungsarbeiten ein gravierender Mangel der Wohnung entdeckt wird, der vor dem Einzug beseitigt werden muss.

Es obliegt dabei dem Erwerber, die Renovierungsarbeiten und die Beseitigung etwaiger Mängel zeitlich so zu fördern, dass es nicht zu Verzögerungen kommt, die nach der Verkehrsanschauung als unangemessen anzusehen sind. Ein unverhältnismäßiger Aufwand zur zeitlichen Beschleunigung ist jedoch nicht erforderlich. Vielmehr reicht es vollkommen aus, wenn der Erwerber alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergreift. Eine zeitliche Verzögerung des Einzugs aufgrund von Renovierungsarbeiten ist dem Erwerber nicht anzulasten, wenn er die Arbeiten unverzüglich in Auftrag gibt, die beauftragten Handwerker sie aber aus Gründen, die der Erwerber nicht zu vertreten hat, nicht rechtzeitig ausführen können. Dazu gehört beispielsweise auch eine hohe Auftragslage bei den Handwerkern. Zudem kann von dem Erwerber nur die zeitliche Förderung verlangt werden, zu der er gesundheitlich in der Lage ist. Was diesbezüglich von dem Erwerber tatsächlich verlangt werden kann, ist eine Frage des Einzelfalls und Gegenstand der Würdigung durch die Finanzbehörden bzw. das erstinstanzliche Finanzgericht.

Ein in der Praxis deutliches Indiz für die unverzüglich Bestimmung zur Selbstnutzung ist die zeitnahe Räumung bzw. Entrümpelung der erworbenen Wohnung. Verzögert sich der Einzug, weil zunächst ein gravierender Mangel beseitigt werden muss, ist eine spätere Entrümpelung der Wohnung unschädlich, wenn sie nicht ihrerseits zu einem verzögerten Einzug führt. Auch hier muss der Erwerber die Arbeiten der Entrümpelung nach den Möglichkeiten seines Gesundheitszustandes zeitlich angemessen fördern. Was diesbezüglich vom Erwerber verlangt werden kann, ist wiederum eine Frage des individuellen Einzelfalls und seitens des Finanzamtes und des Finanzgerichtes zu würdigen.

Der Erwerber trägt die objektive Beweislast für die Merkmale der Steuerbefreiung. Hinsichtlich der unverzüglichen Bestimmung zur Selbstnutzung sind die Anforderungen an die Darlegung des Erwerbes und seine Gründe für die verzögerte Nutzung der Wohnung für eigene Wohnzwecken umso höher, je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Erbfall und dem tatsächlichen Einzug des Erwerbers in die Wohnung ist.

Vorliegend verweist der Bundesfinanzhof die Frage, ob die Steuerbefreiung des Familienheims zu gewähren ist, an die erste Instanz zurück. Insoweit muss diese klären, ob der Steuerpflichtige tatsächlich die Verzögerung selbst verursacht hat.

Tipp: In der Praxis ist jedem Erwerber anzuraten, den Entschluss zur Selbstnutzung deutlich zu dokumentieren und insbesondere etwaige Verzögerungen beim Einzug genauesten festzuhalten, damit im Nachgang keine Probleme mit der Darlegungslast bestehen.

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5. Für Gesellschafter einer Personengesellschaft: Gewerbliche Abfärbung bei Beteiligungseinkünften

Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 15 Abs. 3 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 ausübt (Alternative eins) oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 EStG bezieht (Alternative zwei).

Die Alternative zwei ist erst durch das Jahressteuergesetz 2007 vom Gesetzgeber eingefügt worden. Dieser reagierte damit auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6.10.2004 unter dem Aktenzeichen IX R 53/01. In diesem Urteil hatten die obersten Finanzrichter der Republik entschieden, dass die Abfärbewirkung entsprechend der damaligen Gesetzesfassung nicht eingreift, wenn eine vermögensverwaltende Personengesellschaft, die lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, an einer gewerblich tätigen anderen Personengesellschaft beteiligt ist. Denn auch wenn sie Mitunternehmerin dieser Gesellschaft ist, übt sie keine gewerbliche Tätigkeit aus, welche in der alten Vorschrift der Abfärbetheorie vorausgesetzt wird. Nach Ansicht des IX. Senats des Bundesfinanzhofs lag darin eine Abweichung vom Urteil des BFH vom 8.12.1994 unter dem Aktenzeichen IV R 7/92 und vom Urteil des BFH vom 18.4.2000 unter dem Aktenzeichen VIII R 68/98. Beide Senate hatten seinerzeit der Abweichung zugestimmt, der IV. Senat mit der Maßgabe, dass dies nur für die Beteiligung einer vermögensverwaltenden Obergesellschaft gelte, es also für die Beteiligung einer betrieblichen Personengesellschaft an einer gewerblich tätigen Untergesellschaft bei der Abwerbung bleibt.

Nach der Begründung des Gesetzentwurfs sollte mit der Neuregelung des § 15 Abs. 3 Nummer 1 Alternative 2 EStG die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung der Einkommensteuerrichtlinien wiederhergestellt und gesetzlich abgesichert werden. Danach bezieht eine land- und forstwirtschaftliche, freiberufliche oder vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft, zu deren Gesamthandsvermögen eine Beteiligung an einer gewerblich tätigen Gesellschaft gehört, in vollem Umfang gewerbliche Einkünfte. So auch geregelt in der seinerzeitigen Bundestagsdrucksache 16/2712 auf Seite 44. Soweit die Gründe für die Einfügung der Alternative zwei im Einkommensteuergesetz.

Zur Alternative eins, also zur eigenen Betätigung im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit einer ansonsten nicht gewerblichen Personengesellschaft, hat die Rechtsprechung jedoch die Abfärbewirkung der gewerblichen Einkünfte bei einem sehr geringen Anteil der gewerblichen Umsätze in der Vergangenheit verneint. Danach kommt es bei einer eigenen gewerblichen Tätigkeit einer ansonsten nicht gewerblich tätigen Personengesellschaft nicht zu einer Abfärbewirkung, wenn die gewerbliche Tätigkeit lediglich geringfügig und damit unschädlich ist. Dies ist gegeben, wenn die gewerblichen Nettoumsätze 3% des Gesamtnettoumsatzes und einen Betrag von 24.500 Euro nicht übersteigen.

Im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6.6.2019 unter dem Aktenzeichen IV R 30/16 haben die obersten Finanzrichter jedoch geurteilt, dass eine solche Geringfügigkeitsgrenze bei der Abfärbewirkung aufgrund gewerblicher Beteiligungseinkünfte nicht in Betracht kommt. Konkret heißt es in der Entscheidung: Die Regelung des § 15 Abs. 3 Nummer 1 Alternative 2 EStG ist auch ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze, bis zu deren Erreichen die gewerblichen Beteiligungseinkünfte nicht auf die übrigen Einkünfte der Gesellschafter abfärben, verfassungsgemäß. Danach führt also einkommensteuerrechtlich jede Beteiligung, aus der die Gesellschaft gewerbliche Einkünfte bezieht, zu einer Umqualifizierung aller Einkünfte dieser Gesellschaft zu solchen aus Gewerbebetrieb.

Weitergehend hat der Bundesfinanzhof in der Entscheidung jedoch ebenfalls festgelegt, dass es seiner Ansicht nach dann der verfassungskonformen Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) bedarf, dass ein Unternehmen, das nur Kraft der Fiktion aus Alternative zwei als Gewerbebetrieb gilt, nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Anderenfalls, so die obersten Finanzrichter der Republik, würde § 15 Abs. 3 Nummer 1 Alternative 2 EStG eine nicht gerechtfertigte Schlechterstellung der Personengesellschaft gegenüber einem Einzelunternehmer enthalten.

Nichtsdestotrotz hat inzwischen das Finanzgericht Münster in seinem Urteil vom 13.5.2022 unter dem Aktenzeichen 15 K 26/20 E, F entschieden, dass die Abfärberegelung gemäß § 15 Abs. 3 Nummer 1 Alternative 2 EStG bei Einkünften aus einer Beteiligung an einer gewerblich tätigen Gesellschaft ohne irgendeine Bagatellgrenze zur Anwendung kommt.

Erfreulicherweise ist damit jedoch das letzte Wort noch nicht gesprochen, denn gegen die Entscheidung aus Münster wurde die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Unter dem Aktenzeichen IV R 18/22 haben die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs daher die Gelegenheit zu klären, ob gewerbliche Beteiligungseinkünfte einer vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze stets zur Umqualifizierung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in solche aus Gewerbebetrieb führen. Dabei geht es unter dem Strich auch um die Frage, ob die Regelung des § 15 Abs. 3 Nummer 1 Alternative 2 EStG nicht doch zu einem verfassungswidrigen Zustand führt.

Auch wenn der Bundesfinanzhof in der zuvor zitierten Entscheidung bereits keine Verfassungswidrigkeit gesehen hat, so bleibt an dieser Stelle zu hoffen, dass diese Auffassung überdacht wird. Immerhin hat auch seinerzeit der Bundesfinanzhof Probleme an der Regelung der Alternative zwei geäußert, da gegenüber einem Einzelunternehmer eine Schlechterstellung resultiert. Praktisch ist nur schwer nachzuvollziehen, wie diese Schlechterstellung dann durch ein weiteres Steuergesetz behoben werden soll. Insoweit ist durchaus denkbar, dass die obersten Richter ihre Auffassung neu sortieren. Die Entscheidung dürfte sicherlich mit Spannung zu erwarten sein.

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6. Für Immobilieneigentümer: Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Immobilien

In den Jahren 2013 bis 2018 haben sowohl der Europäische Gerichtshof als auch der Bundesfinanzhof zum Thema Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Grundstücken mehrere Entscheidungen getroffen. Ganz aktuell ist mit der Verwaltungsanweisung vom 20.10.2022 das entsprechende Schreiben des Bundesfinanzministeriums dazu erschienen. Was die Finanzverwaltung nun aus der Rechtsprechung macht, wird im Folgenden zusammengefasst wiedergegeben.

Zunächst einmal ist hervorzuheben, dass die Finanzverwaltung bei den Eingangsleistungen für Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung eines gemischt genutzten Objektes die Vorsteueraufteilung anders handhabt als beispielsweise bei Anschaffungskosten und Herstellungskosten. Bei Eingangsleistungen für die Nutzung, Erhaltung und Unterhaltung, also den laufenden Kosten der Immobilie, sind die Leistungen zunächst in einem ersten Schritt und soweit möglich direkt den zum Vorsteuerabzug berechtigenden bzw. diesen ausschließenden Ausgangsumsätzen zuzuordnen. Der erste Schritt ist also eine direkte Zuordnung. Die restlichen Vorsteuerbeträge sind dann sachgerecht aufzuteilen, wobei der Knackpunkt darin besteht, welches Aufteilungsverfahren in der Praxis angewendet wird.

Bei Anschaffungskosten oder Herstellungskosten eines Gebäudes, welches durch den Unternehmer sowohl für vorsteuerunschädliche als auch für vorsteuerschädliche Umsätze genutzt werden soll, sind dagegen nach der Verwaltungsauffassung die gesamten Vorsteuern der Anschaffungskosten bzw. der Herstellungskosten einheitlich in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Eine direkte Zuordnung ist an dieser Stelle ausgeschlossen. Dabei bezieht sich die Finanzverwaltung auf die Rechtsprechung. Tatsächlich hat die Rechtsprechung dies jedoch nicht so kategorisch entschieden. Vielmehr sagt die Rechtsprechung mit Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 9.6.2016 unter dem Aktenzeichen C-332/14, dass eine direkte Zuordnung von Gegenständen und Dienstleistungen, welche die Anschaffung oder Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes betreffen, zu den Ausgangsumsätzen unionsrechtlich nicht erforderlich ist, wenn eine solche Zuordnung in der Praxis schwer durchführbar ist. Die Finanzverwaltung schließt jedoch eine direkte Zuordnung insoweit direkt aus, weshalb man im Einzelfall durchaus überlegen könnte, ob an dieser Stelle der Klageweg beschritten werden sollte.

Kernpunkt der Problematik der Vorsteueraufteilung ist jedoch die Frage nach dem sachgerechten Aufteilungsschlüssel. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel auch andere Aufteilungsschlüssel in Betracht. Konkret ist sogar ein anderer Aufteilungsschlüssel anzuwenden, wenn dieser ein präziseres Ergebnis liefert. Auch bei der Frage, was denn das präzisere Ergebnis ist, ist der Streit mit der Finanzverwaltung vorprogrammiert.

Zunächst aber zur Frage der verschiedenen Aufteilungsschlüssel. In Betracht kommen insbesondere ein objektbezogener Flächenschlüssel, ein objektbezogener Umsatzschlüssel oder ein Aufteilungsschlüssel nach dem umbauten Raum. Daneben sind auch weitere Aufteilungsschlüssel möglich, wenn sie im Einzelfall sachgerecht sind. Tatsächlich werden diese jedoch ein wenig besonders sein. Denkbar ist insofern in diesem Zusammenhang auch ein Zeitschlüssel. So hat der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 26.4.2018 unter dem Aktenzeichen V R 23/16 für den Fall einer Schulsporthalle entschieden, dass bei einer zeitlich wechselnden Nutzung desselben Gebäudes zu steuerfreien oder steuerpflichtigen Zwecken eine Aufteilung nach den Nutzungszeiten zu einer präziseren wirtschaftlichen Zurechnung führt als alle anderen Aufteilungsschlüssel.

Hervorzuheben ist jedoch, und hier stimmt die Finanzverwaltung mit der Rechtsprechung überein, dass, wenn mehrere Aufteilungsschlüssel in Betracht kommen, nicht zwingend die präziseste Methode anzuwenden ist. Vielmehr obliegt die Auswahl der anzuwendenden Methode in diesem Fall dem Unternehmer, wobei die Finanzverwaltung sich natürlich das Recht vorbehält, die vom Unternehmer gewählte Methode daraufhin zu überprüfen, ob sie sachgerecht ist. In der Praxis ist auch an dieser Stelle durchaus Streitpotenzial gegeben. Denn bei der Frage, was sachgerecht ist, gehen insbesondere die Auffassung von Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen häufig auseinander.

Grundsätzlich geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen des Gebäudes, also einem objektbezogene Flächenschlüssel, erfolgt. In den Augen der Finanzverwaltung ist dies regelmäßig die wirtschaftlich präzisere Aufteilungsmethode gegenüber dem Gesamtumsatzschlüssel. Tatsächlich hat auch hier die Rechtsprechung nicht entschieden, dass der Flächenschlüssel die beste Methode ist. Vielmehr hat der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 7.5.2014 unter dem Aktenzeichen V R 1/10 klargestellt, dass eine Vorsteueraufteilung nach dem Umsatzschlüssel nur zulässig ist, wenn keine andere, präzisere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Der Flächenschlüssel schließt im Regelfall allerdings als präzisere Zurechnung den Umsatzsteuerschlüssel aus. Allerdings sind die Vorsteuerbeträge nicht nach dem Flächenschlüssel aufzuteilen, wenn die Ausstattung der Räumlichkeiten erhebliche Unterschiede aufweist.

Sofern nun einmal der Flächenschlüssel gewählt ist, ist die Flächenberechnung nach den Gebäudeflächen vorzunehmen. Außenstellplätze beispielsweise sind dabei nicht einzubeziehen, wie der Bundesfinanzhof schon einmal in einer Entscheidung vom 27.3.2019 unter dem Aktenzeichen V R 43/17 klargestellt hat. Der Unternehmer kann einen Flächenschlüssel beanspruchen, wenn dieser sachgerecht ist.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass im Schreiben des Bundesfinanzministeriums insbesondere in den Rz. 16 fortfolgende noch Hinweise für die Flächenberechnung gegeben werden. Bemerkenswert ist dabei, dass die Finanzverwaltung sich zu Dachschrägen äußert und die Grundfläche auch bei Dachschrägen in vollem Umfang ansetzen möchte. Da dies wirtschaftlich auch zu einem komischen Ergebnis führen kann, könnte auch in dieser Abkopplung von der Wirtschaftlichkeit durchaus Streitpotenzial in der Praxis vorhanden sein.

Ein objektbezogener Umsatzschlüssel kommt nach Auffassung der Finanzverwaltung per se nicht in Betracht. Definitiv kann man sagen, dass dieser von der Finanzverwaltung nicht gewollt ist, da er nur unter der Voraussetzung der Rechtsprechung angewendet werden darf. Zu verweisen ist hier insbesondere auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 7.5.2014 unter dem Aktenzeichen V R 1/10 und die Entscheidung vom 3.7.2014 unter dem Aktenzeichen V R 2/10.

Weicht hingegen die Ausstattung der unterschiedlich genutzten Räume erheblich voneinander ab, erfolgt grundsätzlich eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge anhand des objektbezogenen Umsatzschlüssels. In solchen Fällen erkennt sogar die Finanzverwaltung, dass eine Aufteilung nach dem Flächenschlüssel nicht zu einem sachgerechten Ergebnis führt. Der objektbezogene Umsatzschlüssel kann insoweit die wirtschaftlich präzisere Aufteilung gegenüber dem Gesamtumsatzschlüssel ermöglichen. Ausnahmsweise kann in solchen Fällen eine Aufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüssel zur Anwendung kommen, nämlich beispielsweise bei Verwaltungsgebäuden, wenn diese den Umsätzen des Gesamtunternehmens dienen. Das Stichwort lautet hier: Verwaltungsgebäude.

Erhebliches Streitpotenzial wird sich in der Praxis hingegen dabei ergeben, was denn wesentliche Unterschiede in der Ausstattung sind. Nach Auffassung der Finanzverwaltung können diese immer dann angenommen werden, wenn sich die Dicke der Decken und Wände oder die Innenausstattung deutlich voneinander unterscheiden. Denn regelmäßig unterscheidet sich dann auch die Höhe der Bauaufwendungen der verschiedenen Räume erheblich voneinander und auch die tatsächlich erzielbaren Mieteinnahmen weichen entsprechend voneinander ab.

Ausstattungsunterschiede, die in der unterschiedlichen Nutzung begründet sind und denen beim anderen Gebäudeteil ein ähnlicher Aufwand gegenübersteht, stellen hingegen für sich allein noch keine erheblichen Unterschiede dar. So zumindest die Auffassung der Finanzverwaltung in dem oben bereits zitierten Schreiben des Bundesfinanzministeriums. Der Fiskus möchte insoweit keine erheblichen Unterschiede erkennen bei einer unterschiedlichen Anzahl und Art von Strom- oder Wasseranschlüssen für private oder gewerbliche Mieter. Dies ist ein ausdrückliches Beispiel in der Verwaltungsanweisung. Praktisch kann dieser Auffassung kaum gefolgt werden, denn wenn man eine gemischt genutzte Immobilie betrachtet, bei der Teile zu Wohnzwecken vermietet und andere Teile für Bürozwecke vermietet sind, so wird der Büroteil regelmäßig mehr Stromanschlüsse haben als der Wohnbereich. Auch dadurch sind erhebliche Kosten gegeben. Zudem könnte der Bürobereich ebenso einen Starkstromanschluss und ähnliches benötigen, was ein deutlicher Unterschied ist. Von einer Verkabelung für ein Computernetzwerk sei an dieser Stelle gar nicht gesprochen. Besonders wichtig ist daher an dieser Stelle, dass die Auffassung der Finanzverwaltung im Einzelfall durchaus kritisch hinterfragt werden muss.

Zwar definiert die Finanzverwaltung weiter, dass Unterschiede erst dann erheblich sind, wenn sie über die bloße unterschiedliche Nutzung hinaus zu einem deutlich unterschiedlichen Bauaufwand für nur einen Gebäudeteil führen, dem im anderen Gebäudeteil keine entsprechende Funktion und kein wertähnlicher Aufwand gegenüberstehen. Ein erheblicher Unterschied soll daher vorliegen, wenn die einen Räume luxuriös, die anderen Räumlichkeiten aber schlicht ausgebaut sind. Sicherlich liegt in diesem Fall tatsächlich ein erheblicher Unterschied vor, jedoch ist eine solche Aufzählung auch durchaus nichtssagend. Allein durch eine stärkere Stromverkabelung, weil zahlreiche Computer genutzt werden müssen, ist auch schon ein erheblicher unterschiedlicher Bauaufwand gegeben.

Als dritte Methode sieht die Finanzverwaltung die Aufteilung der Vorsteuern nach dem umbauten Raum. Bestehen insoweit erhebliche Abweichung in der Geschosshöhe, kann die Vorsteueraufteilung anstatt des Gesamtumsatzschlüssels nach dem umbauten Raum in Betracht kommen, wenn eine solche Aufteilung in diesen Fällen eine präzisere wirtschaftliche Zurechnung der Vorsteuerbeträge ermöglicht.

Besonders einfach macht es sich die Finanzverwaltung hingegen beim Thema Feststellungslast. Hier wird es sicherlich noch finanzgerichtliche Klärung brauchen. Insoweit hat der Bundesfinanzhof bereits in seiner Entscheidung vom 11.11.2020 unter dem Aktenzeichen XI R 7/20 klargestellt, dass nicht der Steuerpflichtige beweisen muss, dass beispielsweise der Umsatzschlüssel präziser ist als der Flächenschlüssel. Vielmehr liegt ausweislich der Rechtsprechung die Feststellungslast ganz klar bei der Finanzverwaltung. Der Verwaltungserlass wiederholt diese Feststellungslast zwar, dreht den Spieß dann jedoch um. Die vom Bundesfinanzhof dargelegte Feststellungslast soll nämlich nur gelten, wenn dem Finanzamt alle für eine entsprechende Beurteilung erforderlichen Informationen vorliegen, insbesondere durch Erfüllung der dem Unternehmer obliegenden Mitwirkungspflicht. Liegen hingegen nicht alle erforderlichen Informationen vor bzw. lassen diese keine eindeutige Beurteilung zu, ist nach Auffassung des Fiskus davon auszugehen, dass der Flächenschlüssel grundsätzlich die präziseren Ergebnisse liefert.

Durch und durch ist in den Verwaltungsanweisungen zu erkennen, dass die Finanzverwaltung grundsätzlich und am allerliebsten immer nur den Flächenschlüssel anwenden möchte. In der Praxis ist dies schon deshalb abzulehnen, weil gewerbliche Vermietungen häufiger einen höheren Mietzins als Wohnraumvermietungen haben. Tatsächlich wird also auch diese von der Finanzverwaltung versuchte Umkehrung der Feststellungslast in der Praxis zu erheblichen Problemen und weiteren Steuerstreitigkeiten führen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird es daher in der Zukunft auch weitere Verfahren in der Steuerrechtsprechung dazu geben. Wir werden Sie gern auf dem Laufenden halten.

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7. Für GmbH-Gesellschafter: Keine Steuerermäßigung für Handwerkerleistung bei Belastung des Verrechnungskontos

Nach § 35 a Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20% der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch 1.200 Euro. Die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen setzt entsprechend der Regelungen in § 35 a Abs. 5 Satz 3 EStG unter anderem voraus, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.

Die formelle Ermäßigungsvoraussetzung, dass die Zahlung der Rechnung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist, verlangt die Gutschrift des Rechnungsbetrages auf ein Konto des Leistenden bei einem Kreditinstitut. Denn ohne die Einbindung eines solchen und damit ohne bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs ist dieses Tatbestandsmerkmal nach einhelliger Rechtsauffassung nicht erfüllt. Dies ist nicht nur die Meinung der Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 9.11.2016, sondern auch die Auffassung zahlreicher Gesetzeskommentare sowie der Rechtsprechung, beispielsweise im Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6.11.2014 unter dem Aktenzeichen VI R 1/13.

Vor diesem Hintergrund kommt der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Rechtsprechung vom 9.6.2022 unter dem Aktenzeichen VI R 23/20 zu dem Schluss, dass die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen entsprechend der Vorschrift des § 35 a Abs. 3 EStG auch nach der Neufassung der Vorschrift durch das Jahressteuergesetz 2008 immer nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Rechnungsbetrag auf einem Konto des Leistenden bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben wird. Die Gutschrift des Rechnungsbetrages im Wege der Aufrechnung durch Belastung des Gesellschafter-Verrechnungskontos des Steuerpflichtigen bei der leistungserbringenden Gesellschaft genügt den gesetzlichen Anforderungen an den Zahlungsvorgang nicht. Somit kann in diesem Fall der Gesellschafter keine Steuerermäßigung für die Handwerkerleistungen seiner GmbH erhalten.

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8. Für Arbeitnehmer: Zum Werbungskostenabzug für Familienheimfahrten

Gemäß der gesetzlichen Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflichen veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, abzugsfähige Werbungskosten. Aufwendungen für die Wege vom Ort der ersten Tätigkeit zum Ort des eigenen Hausstandes und zurück, also die sogenannten Familienheimfahrten, können dabei jeweils nur für eine Familienheimfahrt wöchentlich abgezogen werden.

Zur Abgeltung der Aufwendungen für eine Familienheimfahrt ist entsprechend der Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 6 EStG eine Entfernungspauschale von 30 Cent für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstandes und dem Ort der ersten Tätigkeitsstätte anzusetzen. Aufwendungen für Familienheimfahrten des Steuerpflichtigen mit einem ihm überlassenen Kfz werden hingegen nicht berücksichtigt. So die Regelung in Satz 8 der vorgenannten Vorschrift.

Korrespondierend zu diesem Ausschluss des Werbungskostenabzugs im Fall eines dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart überlassenen Kraftfahrzeugs verzichtet der Gesetzgeber auf den Ansatz eines geldwerten Vorteils in der Gestalt eines Zuschlags für eine wöchentliche Familienheimfahrt in Höhe von 0,002% des Listenpreises zur Ein-Prozent-Regelung. Insoweit sei auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4.4.2008 unter dem Aktenzeichen VI R 85/04 verwiesen.

Das Abzugsverbot rechtfertigt sich demnach aus dem Umstand, dass die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 8 EStG einerseits und andererseits die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 EStG in einem korrespondierenden Verhältnis zueinander stehen. So auch schon der seinerzeitigen Bundestagsdrucksache 13/1686 auf Seite 9 zu entnehmen. Das korrespondierende Verhältnis besteht, indem die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 5 Halbsatz 2 EStG keinen Vorteil in Höhe von 0,002% des Listenpreises pro Entfernungskilometer für solche Familienheimfahrten ansetzt, für die ein Abzug von Werbungskosten nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 Satz 5 EStG in Betracht kommt. Damit soll eine Doppelbegünstigung verhindert werden, wie auch der einschlägigen Literatur zur Vorschrift des § 9 EStG zu entnehmen ist.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesfinanzhof in seiner aktuellen Entscheidung vom 4.8.2022 unter dem Aktenzeichen X R 35/20 klargestellt: Nutzt der Arbeitnehmer ein von seinem Arbeitgeber auch zur außerdienstlichen Nutzung überlassenes Kraftfahrzeug für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung, so scheidet ein Werbungskostenabzug auch dann aus, wenn der Arbeitnehmer dafür ein Nutzungsentgelt leisten muss oder individuelle Kosten des Kraftfahrzeugs zu tragen hat.

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9. Für Kapitalanleger: Glattstellungsgeschäfte im Zusammenhang mit Einnahmen aus Stillhalterprämien

Mit der Einführung der Abgeltungssteuer zum 1.1.2009 hat der deutsche Gesetzgeber die Besteuerung der Stillhalter- und Glattstellungsgeschäfte in § 20 Abs. 1 Nummer 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erstmals gesondert geregelt. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach der vorgenannten Vorschrift insoweit Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionen vereinnahmt werden. Schließt der Stillhalter ein Glattstellungsgeschäfte ab, mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien. Es handelt sich um einen steuerlichen Einmal-Tatbestand, weshalb die Aufwendungen für die den Stillhalterprämien zugehörigen Glattstellungsgeschäfte dem Veranlagungszeitraum zuzuordnen sind, indem die Stillhalterprämien vereinnahmt wurde. Dies hat aktuell der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 2.8.2022 unter dem Aktenzeichen VIII R 27/21 klargestellt. Der genannte Zeitraum der Versteuerung gilt dabei auch dann, wenn das Glattstellungsgeschäft in einem anderen Veranlagungszeitraum getätigt wird als das Stillhaltergeschäft selbst.

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die für das Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien zu einer Einnahmeminderung führen. Denn entsprechend der Regelung mindern sich die Einnahmen aus den Stillhalterprämien um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien. Der Gesetzgeber hat danach im gesetzlichen Tatbestand die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien mit den vereinnahmten Stillhalterprämien verknüpft. Er hat insoweit die Neuregelung des § 20 Abs. 1 Nummer 11 EStG als punktuellen Besteuerungstatbestand normiert, der erst dann abgeschlossen ist, wenn endgültig feststeht, in welcher Höhe der Steuerpflichtige einen Überschuss aus dem Stillhaltergeschäft erzielt hat.

Dieser im Gesetzestext zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Wille erfordert eine punktuelle Überschussermittlung. Aus Sicht des hier erkennenden Senats des Bundesfinanzhofs ist es daher folgerichtig, wenn die Höhe der ursprünglich erzielten Stillhalterprämien auch bei periodenübergreifenden Glattstellungsgeschäften um die im Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien gemindert werden. Allein dies trägt der Wirkungsweise des Glattstellungsgeschäftes Rechnung. Mit diesem soll das Risiko, das der Stillhalter mit dem Stillhaltergeschäft eingegangen ist, Vermögenseinbußen durch ein Ausführungsgeschäft zu erleiden, vermindert werden.

Bei den laufend veranlagten Steuern, wie der Einkommensteuer, sind zwar die aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderlichen steuerlichen Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebliche Sachverhalt ändert. Dieser Grundsatz ist jedoch nur insoweit maßgebend, als die einschlägigen steuerrechtlichen Regelungen nicht bestimmen, dass eine Änderung des nach dem Steuertatbestand rechtserheblichen Sachverhalts zu einer rückwirkenden Änderung steuerlicher Rechtsfolgen führt. So zum Beispiel bereits der Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 19.7.1993 unter dem Aktenzeichen GrS 2/92.

Dies setzt eine dementsprechende materiell-rechtliche Anordnung des Gesetzgebers voraus, wie sie die Regelung des § 20 Abs. 1 Nummer 11 Halbsatz 2 EStG vorsieht. Flankiert wird diese materiell-rechtliche Regelung durch die Norm in § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 der Abgabenordnung (AO), nachdem ein Steuerbescheid bei Eintritt eines Ereignisses zu ändern ist, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat.

Das rückwirkende Ereignis liegt vorliegend darin, dass die endgültige Höhe der Netto-Einnahmen aus den Stillhalterprämien erst dann feststeht, wenn die Prämien aus dem dazugehörigen Glattstellungsgeschäft von diesen abgezogen werden. Das Stillhalter- und das jeweilige Glattstellungsgeschäft stehen insoweit in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, wie bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 28.2.2018 unter dem Aktenzeichen VIII R 53/14 festgestellt hat.

Dass der Gesetzgeber auch tatsächlich eine solche Rückwirkung beabsichtigt hat, ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung in der Bundestagsdrucksache 16/4841 auf Seite 54. Nach dieser soll nur der beim Stillhalter nach Abschluss eines Gegengeschäftes (nämlich der Glattstellung) verbliebene Vermögenszuwachs der Besteuerung unterworfen werden. Es ist insoweit ein Nettoprinzip kreiert worden. Der Gesetzgeber ist somit der zur Rechtslage vor dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 ergangenen Rechtsprechung zur Besteuerung von Stillhalterprämien gefolgt. Nach dieser war der Aufwand für das Glattstellungsgeschäft im Jahr des Einnahmezuflusses der Stillhalterprämien und nicht nach dem Zufluss- bzw. Abflussprinzips im Jahr des Abflusses abzuziehen, da das Stillhaltergeschäft als einmalige sonstige Leistung anzusehen gewesen ist, das erst abgeschlossen war, wenn endgültig feststeht, dass und in welcher Höhe der Steuerpflichtige den Erlös behalten durfte.

Auch der Sinn und Zweck der Regelung spricht dafür, dass die für das Glattstellungsgeschäft gezahlten Prämien von den Stillhalterprämien unabhängig vom tatsächlichen Abfluss abziehbar sind. Dies stellt der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 2.8.2022 ganz ausdrücklich und wortwörtlich heraus. Ohne Rückwirkung wäre es beispielsweise denkbar, dass Einnahmen aus Stillhalterprämien im Veranlagungszeitraum 01 voll besteuert werden, obgleich im Veranlagungszeitraum 02 in derselben Höhe im Glattstellungsgeschäft gezahlte Prämien anfallen, um das Stillhaltergeschäft wieder zu schließen, und die Prämien (mangels entsprechender Einkünfte aus Kapitalvermögen) wegen des Verlustverrechnungsverbotes nicht mit den Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden dürfen und somit unberücksichtigt bleiben. Dies würde dem Gebot der Folgerichtigkeit und Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit eklatant widersprechen, denn die Leistungsfähigkeit des Stillhalters ist um die gezahlten Prämien gemindert. Ganz ausführlich hat zu diesem Punkt bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 20.10.2016 unter dem Aktenzeichen VIII R 55/13 Stellung genommen. Daher ist die steuerliche Erfassung der Aufwendungen für das Glattstellungsgeschäft im Veranlagungszeitraum, in dem die Stillhalterprämien vereinbart wurde, auch verfassungsrechtlich geboten.

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