Mandantenbrief März 2022

Steuertermine

10.3. Umsatzsteuer
Lohnsteuer
Kirchensteuer zur Lohnsteuer
Einkommensteuer
Kirchensteuer
Körperschaftsteuer

Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 14.3. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck.

Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen.

Alle Angaben ohne Gewähr

Vorschau auf die Steuertermine April 2022:

11.4. Umsatzsteuer
Lohnsteuer
Kirchensteuer zur Lohnsteuer

Die dreitägige Zahlungsschonfrist endet am 14.4. für den Eingang der Zahlung. Diese Frist gilt nicht für die Barzahlung und die Zahlung per Scheck.

Zahlungen per Scheck gelten erst drei Tage nach Eingang des Schecks bei der Finanzbehörde (Gewerbesteuer und Grundsteuer: bei der Gemeinde- oder Stadtkasse) als rechtzeitig geleistet. Um Säumniszuschläge zu vermeiden, muss der Scheck spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstag vorliegen.

Alle Angaben ohne Gewähr

Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge März 2022

Die Beiträge sind in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankenarbeitstag eines Monats fällig. Für März ergibt sich demnach als Fälligkeitstermin der 29.3.2022.

1. Für alle Steuerpflichtigen: Zu den Besteuerungsausnahmen beim privaten Veräußerungsgeschäft

Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 22 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind sonstige Einkünfte auch solche aus privaten Veräußerungsgeschäften entsprechend der Regelung in § 23 EStG. Bei Grundstücken gehören dazu grundsätzlich Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.

Allerdings gibt es auch sogenannte Besteuerungsausnahmen, die greifen, wenn die Anschaffung und die Veräußerung innerhalb von zehn Jahren stattfindet. Dementsprechend liegt kein privates Veräußerungsgeschäft vor, wenn die gegenständliche Immobilie in der ersten Alternative zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. In der zweiten Alternative ist ebenfalls kein privates Veräußerungsgeschäft gegeben, wenn die Immobilie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.

Mit Blick auf die erste Besteuerungsausnahme hat der Bundesfinanzhof mit seiner Entscheidung vom 3.9.2019 die Finanzverwaltung in ihrer sehr fiskalischen Auffassung unter dem Aktenzeichen IX R 10/19 in ihre Grenze verwiesen. So führten die obersten Finanzrichter der Republik in diesem Zusammenhang aus, dass der Ausdruck „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ in beiden Alternativen lediglich voraussetzt, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Eine Nutzung zu „eigenen Wohnzwecken“ liegt hingegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie zugleich selbst zu bewohnen. So auch bereits die höchstrichterliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 27.6.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 37/16.

Weiter führt der Bundesfinanzhof in der vorgenannten Entscheidung aus, dass die Ausnahmevorschrift der zweiten Alternative voraussetzt, dass die Wohnung im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Dabei muss die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor der Veräußerung nicht während des gesamten Kalenderjahres vorgelegen haben. Vielmehr genügt ein zusammenhängender Zeitraum der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, der sich über drei Kalenderjahre erstreckt, ohne sie (mit Ausnahme des mittleren Kalenderjahrs) voll auszufüllen. Das bedeutet: Ausreichend für die Anwendung der Ausnahmevorschrift ist eine zusammenhängende Nutzung von einem Jahr und zwei Tagen – wobei sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auf das gesamte mittlere Kalenderjahr erstrecken muss, während die eigene Wohnnutzung im zweiten Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr nur jeweils einen Tag zu umfassen braucht.

Folglich kommen die obersten Finanzrichter der Republik zu dem Schluss, dass wenn eine Wohnimmobilie im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet wird, die Besteuerungsausnahme mit der zweiten Alternative immer noch erfüllt ist, wenn der Steuerpflichtige das Immobilienobjekt im Veräußerungsjahr mindestens an einem Tag im Vorjahr durchgehend und im zweiten Jahr vor der Veräußerung mindestens einen Tag lang zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat. Die Vermietung im Jahr der Veräußerung nach Beendigung der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist insoweit unschädlich. Damit stellt sich der Bundesfinanzhof auf die Seite des ausdrücklichen Wortlauts des Gesetzes und gegen die davon abweichende bisherige Meinung der Finanzverwaltung.

Soweit zur zweiten Alternative der Besteuerungsausnahme. Zur ersten Besteuerungsausnahme hat nun das erstinstanzliche Niedersächsische Finanzgericht in seiner Entscheidung vom 27. 5. 2021 unter dem Aktenzeichen 10 K 198/20 eine für Steuerpflichtige positive Entscheidung getroffen. Auch das erstinstanzliche Finanzgericht wendet sich damit ganz klar gegen die Auffassung der Finanzverwaltung. Im Streitfall hatten die Kläger eine Immobilie innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung wieder veräußert. In diesem Zeitraum nutzten sie die Immobilie grundsätzlich zu eigenen Wohnzwecken, jedoch wurden zwischenzeitlich immer mal wieder einzelne Zimmer im Dachgeschoss des Hauses tageweise an Messegäste vermietet. Die daraus erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden in der Einkommensteuer erklärt. Daraus ging hervor, dass sich die Vermietung pro Jahr etwa auf 12 bis 25 Tage belief.

Das Finanzamt ging nun davon aus, dass insoweit das Haus nicht komplett zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, sondern wollte das Haus quasi in die Räumlichkeiten der eigenen Wohnungsnutzung aufteilen und hinsichtlich der Räumlichkeiten, die zwischenzeitlich vermietet wurden, ein privates Veräußerungsgeschäft besteuern. Anders ausgedrückt: Das Finanzamt ging davon aus, dass das Haus lediglich zum Teil zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde und teils fremdvermietet wurde und wollte es somit in zwei Wirtschaftsgüter aufteilen.

Dem widersprach jedoch das erstinstanzliche Finanzgericht aus Niedersachsen. So sieht die erste Besteuerungsalternative beim privaten Veräußerungsgeschäft zwar vor, dass eine „ausschließliche“ Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung gegeben sein muss. Die Richter stellen jedoch klar, dass sich dieses Kriterium der Ausschließlichkeit nicht auf eine räumliche Aufteilung bezieht. Insoweit müssen die Räume nicht ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt werden. Vielmehr bezieht sich die Ausschließlichkeit auf eine zeitliche Betrachtungsweise, sodass die Immobilie zwischen Anschaffung und Veräußerung zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden muss. Diese Schlussfolgerung ziehen die erstinstanzlichen Richter nachvollziehbar daraus, dass in der zweiten Besteuerungsausnahme die Ausschließlichkeit nicht gegeben ist. Das ist wiederum nur verständlich, wenn die Ausschließlichkeit ein Gesamtzeitraum abdecken soll, der in der ersten Alternative kürzer als in der zweiten Alternative ist, aber auch länger bemessen sein kann. In der zweiten Alternative ist hingegen der Zeitraum genau bestimmt, sodass das Wort „ausschließlich“ entbehrlich ist.

Ebenso hat mit Bezug auf ein häusliches Arbeitszimmer auch bereits das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 20.3.2018 unter dem Aktenzeichen 8 K 1160/15 entschieden. Seinerzeit wurde klargestellt, dass der auf das häusliche Arbeitszimmer eines privat genutzten Eigenheims entfallende Veräußerungsgewinn nicht zu den Einkünften aus einem privaten Veräußerungsgeschäft führen kann, wenn eine weit überwiegende Eigennutzung der Wohnung im Übrigen vorliegt. Insoweit ist auch das häusliche Arbeitszimmer in die private Wohnsphäre eingebunden, sodass ein privates Veräußerungsgeschäft nicht gegeben sein kann, da auch das häusliche Arbeitszimmer von der Besteuerungsausnahme umfasst wird.

Hinweis: Während die seinerzeitige Entscheidung des Finanzgerichts Köln rechtskräftig geworden ist, wollte sich die Finanzverwaltung aktuell noch nicht geschlagen geben. Daher ist nun beim Bundesfinanzhof in München die Revision unter dem Aktenzeichen IX R 20/21 anhängig. Betroffene sollten sich an das Musterverfahren anhängen. Unseres Erachtens sind hier die Chancen ausgesprochen gut, dass die obersten Finanzrichter der Republik auch ihre erstinstanzlichen Kollegen bestätigen werden und die Finanzverwaltung in die Schranken verweisen wird.

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2. Für alle Steuerpflichtigen: Zur steuerlichen Behandlung von Kryptowährungen

Unter dem Aktenzeichen IX R 27/22 wird sich der Bundesfinanzhof mit der Frage der Besteuerung von Kryptowährungen beschäftigen müssen. Hintergrund ist ein Urteil des Finanzgerichtes Baden-Württembergs vom 11.6.2021 unter dem Aktenzeichen 5 K 1996/19. Im zugrunde liegenden Streitfall hatten die Steuerpflichtigen die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von sogenannten Kryptowährungen aufgrund von unterschiedlichen Argumenten angezweifelt.

Zunächst einmal geht es dabei um die Frage, unter welcher Einkunftsart Gewinne aus der Veräußerung einer Kryptowährung, wie zum Beispiel dem wohl am bekanntesten Bitcoin, zu versteuern sind. Dazu führt das erstinstanzliche Finanzgericht wie folgt aus: Entsprechend der Regelung in § 22 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind sonstige Einkünfte solche aus privaten Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG. Ausweislich § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG liegt ein privates Veräußerungsgeschäft auch bei der Veräußerung von anderen Wirtschaftsgütern vor, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Die Regelung betrifft dabei alle Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, wie der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 22.4.2008 unter dem Aktenzeichen IX R 29/06 herausgearbeitet hat.

Hervorzuheben ist dabei, dass der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsgutes durchaus weit zu fassen ist und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen ist. Dies hatte der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 12.3.2020 unter dem Aktenzeichen IV R 9/17 herausgearbeitet, bei der das Gericht sogar festgestellt hat, dass sich Wärmeenergie zu einem Wirtschaftsgut verselbstständigen kann. Insgesamt umfasst der Begriff des selbstständigen Wirtschaftsgutes daher neben Sachen und Rechten im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, d. h. in der Summe sämtliche vermögenswerten Vorteile, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt. So auch bereits der Bundesfinanzhof in einem früheren Urteil vom 21.9.2004 unter dem Aktenzeichen IX R 36/01 mit einigen weiteren Nennungen zur Thematik. Weitere Voraussetzung ist, dass eine selbstständige Bewertung möglich ist, wie auch aus der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 29.6.2004 unter dem Aktenzeichen IX R 26/03 hervorgeht. Das Merkmal der selbstständigen Verwertbarkeit wird üblicherweise weiter dahingehend konkretisiert, dass ein Erwerber eines gesamten Betriebes in dem Vorteil einen greifbaren Wert sehen würde, für den er im Rahmen des Gesamtpreises ein ins Gewicht fallendes besonderes Entgelt ansetzen würde. Jemand anderes muss es sich also etwas kosten lassen. Der Begriff des Wirtschaftsgutes setzt hingegen nicht voraus, dass es dem Betrieb einen Nutzen für mehrere Jahre bringt.

Nach diesen Grundsätzen erkennt das erstinstanzliche Finanzgericht (aus unserer Sicht durchaus nachvollziehbar) in gehandelten Kryptowährungen ein anderes Wirtschaftsgut im Sinne der Regelung des privaten Veräußerungsgeschäftes. Auch die ganz herrschende Meinung in der Literatur vertritt insoweit die Auffassung, dass es sich bei Kryptowährungen um immaterielle Wirtschaftsgüter und damit um andere Wirtschaftsgüter im Sinne der Regelung von § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG handelt. Damit ist eine erste Frage im gesamten Streitfall geklärt.

Neben der Frage, in welchem Bereich denn der Gewinn aus der Veräußerung von Kryptowährungen zu versteuern ist, werfen die Kläger jedoch auch die Frage auf, ob eine Besteuerung überhaupt möglich ist. Der Grund für die Frage: Die Kläger wollen strukturelle Vollzugsdefizite der Finanzverwaltung erkennen. Definitiv verlangt nämlich Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlichen auch tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichbelastung durch die rechtliche Ausgestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt (es besteht also ein normatives Defizit), kann dies zu einem Gleichheitsverstoß führen. Dagegen bedeutet die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen noch keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, wie das Bundesverfassungsgericht bereits in einer Entscheidung vom 9.3.2004 unter dem Aktenzeichen 2 BvL 17/02 herausgearbeitet hat.

Ein normatives Defizit, also ein widersprüchlich auf Ineffektivität angelegtes Recht, liegt im Streitfall nach Aussage des Gerichts nicht vor. Eine strukturell gegenläufige Erhebungsregel zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nicht ersichtlich. Auch die Tatsache, dass sich die meisten Handelsplattformen für Kryptowährungen im Ausland befinden, ändert nichts an diesem Ergebnis. Die Finanzverwaltung ist bei Sachverhalten mit Auslandsberührung – wie auch die Vorschrift des § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zeigt – generell auf eine erhöhte Mitwirkung der Steuerpflichtigen angewiesen. Auch kann sie zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe in Anspruch nehmen, wie sogar die Vorschriften der Abgabenordnung hergeben.

Verbleibende Vollzugsdefizite bei steuerlichen Sachverhalten mit Auslandsberührung folgen aus den Grenzen der nationalstaatlichen Souveränität. Dies vermag der deutsche Gesetzgeber nicht zu verändern; es kann ihm deswegen auch nicht als Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichmäßigkeit der Steuererhebung angelastet werden, wie der Bundesfinanzhof bereits in einer Entscheidung vom 18.2.1997 unter dem Aktenzeichen VIII R 33/95 entschieden hat. Bereits in mehreren Urteilen hat der Bundesfinanzhof ebenso herausgearbeitet, dass die aus der Auslandsberührung eines steuerlichen Sachverhalts folgenden Vollzugsdefizite nicht dazu führen, dass im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann. In diesem Sinne ist beispielsweise das Bundesfinanzhof-Urteil vom 9.4.2008 unter dem Aktenzeichen II R 39/06 zu nennen, sowie auch der Beschluss der obersten Finanzrichter vom 18.11.2005 unter dem Aktenzeichen II B 23/05.

Auch der Umstand, dass die Veräußerung der Kryptowährungen bei den Internetbörsen möglicherweise erfolgt, genügt nicht, um ein strukturelles, in der gesetzlichen Regelung selbst angelegtes Vollzugsdefizite zu begründen. Von Bedeutung ist insoweit vielmehr, dass für Finanzbehörden regelmäßig unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit besteht, die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte auch bei Internethandelsplattformen einzuholen. Dies hat bereits der Bundesfinanzhof mit Entscheidung vom 19.6.2019 unter dem Aktenzeichen IX R 10/18 und mit Urteil vom 16.5.2013 unter dem Aktenzeichen II R 15/12 entschieden. Vorliegend wäre insoweit ein Sammelauskunftsersuchen möglich. Die Steuerbelastung beim privaten Veräußerungsgeschäft mit Kryptowährungen beruht somit nicht nahezu allein auf der Erklärungsbereitschaft des Steuerpflichtigen.

Kryptowährungen sind als multilaterales Handelssystem ein Finanzdienstleistungsinstitut. Als solches unterliegen sie der Identifizierungspflicht nach § 11 Geldwäschegesetz (GWG). Damit sind zumindest die Namen, die Anschrift, der Geburtsort, das Geburtsdatum und die Staatsangehörigkeit der Kunden der Kryptowährungen bekannt. Die Daten können die Finanzverwaltung bei inländischen Börsen erheben.

Sollten die Kryptowährungen zudem Finanzkommissionsgeschäfte betreiben, sind sie ein Kreditinstitut. Dann unterliegen sie sogar dem Kontoabruf. Insoweit stimmt das erstinstanzliche Gericht dem Kläger zwar zu, dass sich private Veräußerungsgeschäfte mit Kryptowährungen durch die Finanzverwaltung nur schwer aufdecken lassen. Jedoch reicht dies allein noch nicht aus, um ein strukturelles Vollzugsdefizite zu begründen.

Kryptowährungen gab es im Streitjahr erst seit ca. 8 Jahren. Der Bitcoin wurde als erste erfolgreiche Kryptowährung im Jahr 2009 der Öffentlichkeit präsentiert. Erst im Jahr 2012 setzte ein Aufwärtstrend ein und das streitgegenständliche Jahr 2017 war das Jahr mit dem bislang höchsten Kapitalzufluss, wie das Gericht unter https://de.wikipedia.org/wiki/Bitcoin selbst recherchiert hat. Kryptowährungen waren somit in den Jahren bis 2017 zunächst eine Randerscheinung.

Der Gesetzgeber ist weder verpflichtet noch dazu in der Lage, auf jede (technische) Neuerung sofort regulatorisch zu reagieren. Er hat einen weiten Ermessenspielraum und darf zunächst die erste Entwicklung abwarten. Er muss im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung erst dann reagieren, wenn sich gravierende Missstände zeigen. Solche bestanden nach Ansicht des Senats bis zum Streitjahr jedoch noch nicht.

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3. Für alle Steuerpflichtigen: Abzugsfähigkeit von Darlehenszinsen aus Gesellschafterdarlehen bei vermögensverwaltender Personengesellschaft

Ob ein Darlehensverhältnis zwischen einem Gesellschafter und einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft aufgrund der Bruchteilsbetrachtung entsprechend der Regelung des § 39 Abs. 2 Nummer 2 der Abgabenordnung (AO) steuerrechtlich anzuerkennen ist oder nicht, ist mindestens fraglich. Die Finanzverwaltung möchte ein entsprechendes Darlehensverhältnis zumindest nicht anerkennen, soweit der darlehensgebende Gesellschafter selbst an der Gesellschaft beteiligt ist. Leider ist dies nicht nur die Auffassung der Finanzverwaltung, denn auch das erstinstanzliche Finanzgericht München hat in seiner Entscheidung vom 18.3.2021 unter dem Aktenzeichen 10 K 2756/19 entsprechend geurteilt.

Das Gute daran: Jetzt wird sich der Bundesfinanzhof in München mit der Frage beschäftigen, ob in entsprechenden Fällen nicht das Darlehensverhältnis auch dann anerkannt werden kann, soweit der Darlehensgeber selbst als Gesellschafter an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft beteiligt ist. Insoweit wird die Entscheidung der obersten Finanzrichter der Republik mit Spannung zu erwarten sein. Bis dahin gilt es, sich mit der Auffassung der Finanzverwaltung und der erstinstanzlichen Auffassung auseinanderzusetzen. Dafür liefern die Urteilsgründe der Entscheidung des FG München einen sehr guten Ansatz. Danach gilt das Folgende:

Grundsätzlich sind Werbungskosten nach § 9 Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit diese mit einer Einkunftsart im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Im entschiedenen Sachverhalt ging es um die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Den objektiven Tatbestand der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen und Träger der Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Pachtvertrag ist. So hat es auch bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 25.6.2002 unter dem Aktenzeichen IX R 55/99 erläutert.

Tritt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Vermieterin auf, verwirklichen steuerrechtlich die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit den Tatbestand der Einkünfteerzielung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Diese Auffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wie beispielsweise in seiner Entscheidung vom 15.4.1986 unter dem Aktenzeichen IX R 69/81. Nichts anderes gilt daher für eine vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG.

Der notwendige Veranlassungszusammenhang zwischen Schuldzinsen auf ein Immobiliendarlehen und der Einkunftssphäre ist grundsätzlich gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines Vermietungsobjektes besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden. Auch hierzu besteht bereits höchstrichterliche Rechtsprechung, beispielsweise mit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 6.12.2017 unter dem Aktenzeichen IX R 4/17.

Voraussetzung für den Abzug der Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist jedoch, dass das Darlehensverhältnis, in dessen Rahmen die Aufwendungen getätigt werden, steuerrechtlich anzuerkennen ist. Exakt dies soll ausweislich der Meinung der Finanzverwaltung und des hier erkennenden erstinstanzlichen Gerichts nicht gegeben sein, wenn ein Darlehensverhältnis zwischen dem Gesellschafter und einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft vorliegt, soweit der Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt ist.

Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgrund der Entscheidung vom 29.1.2001 unter dem Aktenzeichen II ZR 331/00 auch die Außen-GbR als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich jede Rechtsposition einnehmen. Demzufolge können Rechte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter begründet werden, sie haben insoweit eine Stellung eines fremden Dritten.

Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 39 Absatz 2 Nummer 2 AO werden jedoch Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, steuerlich den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zuordnung für die Besteuerung erforderlich ist. Steuerrechtlich wird die Gesamthand im Anwendungsbereich der vorgenannten gesetzlichen Regelung als Bruchteilsgemeinschaft angesehen. Exakt dies hatte bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 18.5.2004 unter dem Aktenzeichen IX R 42/01 herausgearbeitet. In diesem Zusammenhang haben die obersten Finanzrichter der Republik entschieden, dass ein Mietvertrag zwischen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und einem Gesellschafter steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist, wenn und soweit diesem das Grundstück entsprechend der Regelung des § 39 Abs. 2 Nummer 2 AO anteilig zuzurechnen ist. Der Grund für diese Entscheidung: In der Nutzung dieses Anteils am Gesamthandsvermögen liegt die Nutzung eines eigenen Rechts.

In der Literatur wird insoweit teilweise die Auffassung vertreten, dass diese Grundsätze auch dann gelten, wenn im umgekehrten Falle ein Gesellschafter/Gemeinschafter der Gesellschaft/Gemeinschaft ein in seinem Eigentum stehendes Grundstück vermietet. Vermietungseinkünfte lägen daher nur insoweit vor, als der überlassende Gesellschafter –über seine Beteiligung an der Gesellschaft hinaus – selbst Mieter sei. Dieser Auffassung liegt der Gedanke zugrunde, dass niemand zugleich Vermieter und Mieter sein kann. Diesen Grundgedanken hinter der Auffassung hat die Finanzverwaltung auf die steuerliche Anerkennung von Darlehensverhältnissen bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften übertragen.

Dementsprechend ist auch in dem Fall, in dem der Gesellschafter „seiner“ vermögensverwaltenden Personengesellschaft ein verzinsliches Darlehen gewährt, der Darlehensvertrag steuerrechtlich insoweit nicht anzuerkennen, als der Gesellschafter an der vermögensverwaltenden Personengesellschaft selbst beteiligt ist.

Wie eingangs schon gesagt, ist dies jedoch nicht nur die Auffassung der Finanzverwaltung, sondern auch die Auffassung des Finanzgerichtes München. Ebenso hat sich das Finanzgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 8.10.2019 und dem Aktenzeichen 13 K 1695/19 F dieser Auffassung angeschlossen. Danach handelt es sich bei den zivilrechtlichen Verbindlichkeiten der Personengesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter um Wirtschaftsgüter, die mehreren (nämlich den am Vermögen beteiligten Gesellschaftern) zur gesamten Hand zustehen. Die getrennte Zurechnung ist insoweit auf die Besteuerung erforderlich. Die Gesellschafter erzielen, soweit die Darlehensverhältnisse steuerlich anerkannt werden können, aus den der Gesellschaft verzinslich gewährten Darlehen Einnahmen aus Kapitalvermögen, und in diesem Umfang sind die gezahlten Darlehenszinsen auf Ebene der Gesellschaft bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten zu berücksichtigen. Die von den Gesellschaftern vereinnahmten Kapitaleinkünfte werden jedoch im Rahmen der gesonderten einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nicht erfasst, weil eine vermögensverwaltende Personengesellschaft nicht über Sonderbetriebsvermögen verfügt. In diesem Zusammenhang hat bereits der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 2.4.2008 unter dem Aktenzeichen IX R 18/06 klargestellt, dass eine entsprechende Anwendung hinsichtlich des Sonderbetriebsvermögens im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nummer 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG bei Überschusseinkünften (wie bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung) nicht in Betracht kommt.

Folglich kommt auch das Finanzgericht Düsseldorf zu dem Schluss, dass in dem Umfang, in dem die Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt sind, die Darlehensverhältnisse aufgrund der Bruchteilsbetrachtung steuerlich nicht anzuerkennen sind. Die Folge: Die von der Gesellschaft an einen Gesellschafter gezahlten Darlehenszinsen sind keine Werbungskosten der Gesellschaft bei den Vermietungseinkünften und in dieser Höhe auch keine steuerbaren Einnahmen aus Kapitalvermögen der Gesellschafter.

Hinweis: Aus vereinzelten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs aus den achtziger Jahren könnte man ableiten, dass die von einer Vermietungseinkünfte erzielenden Gesellschaft an den darlehensgewährenden Gesellschafter gezahlten Zinsen beim Gesellschafter im vollen Umfang Einnahmen aus Kapitalvermögen darstellen und bei der Gesellschaft in vollem Umfang als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung abgezogen werden können. Dieser Auffassung schließt sich jedoch aktuell der Senat des Finanzgerichts München nicht an, weil er diesen Ansatz durch jüngere Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zur Bruchteilsbetrachtung bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften für überholt hält.

Auch wenn die vom Bundesfinanzhof zur Bruchteilsbetrachtung bei der vermögensverwaltenden Personengesellschaft bisher ergangenen Entscheidungen nur Fälle der Grundstücksübertragung auf die Personengesellschaft sowie der Nutzungsüberlassung von Grundstücken an einen Mitgesellschafter betrafen, lassen sich die Grundsätze nach Auffassung des Senats auch auf die Beurteilung der entgeltlichen Kapitalüberlassung eines Gesellschafters an die vermögensverwaltende Personengesellschaft übertragen. Hingewiesen werden muss in diesem Zusammenhang jedoch auch darauf, dass in der Literatur vereinzelt an dieser Auslegung gezweifelt wird.

Insoweit könnte dem vorliegend anhängigen Verfahren besondere Bedeutung zukommen. Zumindest ist zu hoffen, dass die obersten Finanzrichter der Republik absolute Klarheit schaffen werden.

Hinweis II: Die steuerliche Nichtanerkennung nach Auffassung der Finanzverwaltung und des erstinstanzlichen Finanzgericht München führt dazu, dass die von der vermögensverwaltenden Personengesellschaft an ihren Gesellschafter gezahlten Darlehenszinsen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mindernd berücksichtigt werden können. Vielmehr sind dem Gesellschafter die gezahlten Darlehenszinsen als eine Art Vorab-Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen. Offenbleiben konnte im vorliegenden Sachverhalt, wie entsprechende Refinanzierungszinsen des Gesellschafters behandelt werden, da dies der Sachverhalt nicht hergibt. In anderen Fällen könnte insoweit eine Behandlung als Sonderwerbungskosten in Betracht kommen.

Insgesamt tut es daher in der Praxis Not, dass diese Problematik möglichst bald rechtssicher geklärt wird.

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4. Für alle Steuerpflichtigen: Anrechnung bzw. Erstattung von Kapitalertragsteuer auf nicht existente Kapitalerträge

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 20.10.2020 unter dem Aktenzeichen 5 K 1511/17 über einen Sachverhalt entschieden, bei dem auf Kapitalerträge, die es tatsächlich und unstrittig nicht gegeben hat, Kapitalertragsteuer aufgrund von geschätzten Erträgen abgezogen und an das Finanzamt abgeführt wurde. Fraglich ist nun, ob solche Kapitalertragsteuern erstattet oder angerechnet werden können.

Was denn auch sonst, möchte man fragen und so kommt auch erfreulicherweise das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (entgegen der Auffassung des Fiskus) zu dem logischen Schluss, dass die auf diese tatsächlich nicht existierenden Kapitalerträge entfallende Kapitalertragsteuer entsprechend der Regelung des § 36 Abs. 2 Nummer 2 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzurechnen oder aber nach § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu erstatten ist. Eben, was denn auch sonst? Die nachfolgende auszugsweise Begründung der erstinstanzlichen Richter zeigt jedoch, wie hier offensichtlich seitens der Finanzverwaltung argumentiert wurde. Aber zur erfreulichen Entscheidung:

Entsprechend der Regelung in § 36 Abs. 2 Nummer 2 EStG wird unter den dort aufgeführten Voraussetzungen die durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer (Kapitalertragsteuer) auf die Einkommensteuer angerechnet. Zu der durch Steuerabzug erhobenen Einkommensteuer zählt dabei unter anderem die Kapitalertragsteuer im Sinne von § 43 Abs. 1 EStG. Diese wird bei Kapitalerträgen, und damit auch bei Erträgen aus Investmentanteilen wie im Streitfall, für Rechnung des Gläubigers der Kapitalerträge erhoben. Daraus folgt im Hinblick auf die Besteuerung von Erträgen aus Investmentanteilen im Grundsatz, dass unter anderem die erhobene Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer des Anlegers angerechnet wird. Dies wird auch durch die Regelung in § 7 Abs. 7 des Investmentsteuergesetzes (InvStG) bestätigt. In dieser Norm wird ergänzend bestimmt, dass für die Anrechnung der einbehaltenen und abgeführten Kapitalertragsteuer nach § 36 Absatz 2 EStG die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes entsprechend gelten. Insoweit hat auch bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 8.9.2010 unter dem Aktenzeichen I R 90/09 zur Anrechnung von Kapitalertragsteuer auf Fondserträge entschieden, dass eine Kapitalertragsteuer auf Erträge aus Investmentfonds nur dann anzurechnen ist, wenn die entsprechenden Kapitalerträge beim Anleger oder bei seinem Rechtsvorgänger als Einnahmen erfasst worden sind.

Die im Investmentsteuergesetz angeordnete Geltung der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften bewirkt, dass im Bereich der Erträge aus Investmentanteilen die Anrechnung der Kapitalertragsteuer denselben Regelung unterliegt wie bei anderen Kapitalerträgen. Das bedeutet insbesondere, dass eine Anrechnung nur unter den in § 36 Abs. 2 Nummer 2 EStG genannten Voraussetzungen stattfindet. Diese Voraussetzungen bestehen unter anderem dahin, dass eine durch Steuerabzug erhobene Einkommensteuer nur insoweit angerechnet wird, als sie auf die bei der Veranlagung erfassten Einkünfte oder auf bestimmte bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleibenden Bezüge entfällt. So auch der Bundesfinanzhof in seiner oben bereits zitierten Entscheidung vom 8.9.2010.

Ein Verzicht auf die Erfassung der betreffenden Einnahmen bei der Einkommensteuer würde hingegen dem Zweck der Kapitalertragsteuer widersprechen. Denn durch die rechtliche Verknüpfung zwischen der Besteuerung von Kapitalerträgen einerseits und dem Abzug sowie der Anrechnung von Kapitalertragsteuer andererseits wolle der Gesetzgeber Steuerverkürzung entgegentreten und Steuerausfälle vermeiden. Die Erhebung der Kapitalertragsteuer soll insoweit sicherstellen, dass Kapitalerträge auch dann besteuert werden, wenn sie im Rahmen einer Veranlagung des Gläubigers zu Einkommensteuer nicht erklärt und in der Folge nicht erfasst werden. Eine Anrechnung der Kapitalertragsteuer soll deshalb nur dann erfolgen, wenn diese Gefahr durch die steuerliche Erfassung der Kapitalerträge beseitigt ist. Die hiernach aus der Sicht des Gesetzgebers zu vermeidende Gefahr besteht indessen auch im Bereich der Erträge aus Investmentanteilen. Folgerichtig ist auch insoweit eine Erhebung von Kapitalertragsteuer vorgesehen. Diese wird ihres Sicherungszweckes quasi enthoben, wenn sie unabhängig von einer Erfassung der steuerpflichtigen Einnahmen angerechnet werden müsste. Eine solche Lösung würde die Erhebung der Kapitalertragsteuer in diesem Bereich letztlich überflüssig machen und zu einem in diesem Sinne widersinnigen Ergebnis führen. Aus Sicht des Gesetzgebers kommt es daher nach Auffassung der erstinstanzlichen Richter des Finanzgerichtes Rheinland-Pfalz darauf an, dass im Ergebnis die Erfassung des Kapitalertrages gewährleistet ist.

Aus diesem durchaus nachvollziehbaren Gedanken ergibt sich dann aber auch, dass Kapitalertragsteuer auf Erträge, die tatsächlich angefallen sind und hätten versteuert werden müssen, aber nicht erklärt bzw. versteuert wurden, auch nicht angerechnet werden können. Insoweit scheidet auch eine Erstattung der Kapitalertragsteuer nach § 37 Abs. 2 AO aus, weil der allgemeine Erstattungsanspruch in solchen Fällen als lex specialis von § 36 Abs. 2 Nummer 2 EStG verdrängt wird und daher nicht zu einer weitergehenden Erstattung der einbehaltenen Steuern führen kann. Ganz ähnlich hat der Bundesfinanzhof bereits zum Thema der einbehaltenen Lohnsteuer mit Urteil vom 19.12.2000 unter dem Aktenzeichen VII R 69/99 entschieden. In diesem Urteil hat der Bundesfinanzhof wiederholt klargestellt, dass einbehaltene Lohnsteuer nur insoweit auf die festgesetzte Einkommensteuer angerechnet werden kann, als die zugehörigen Einkünfte bei der Veranlagung erfasst worden sind. Die Grundsätze dieser Entscheidung sind dabei durchaus auch auf die Kapitalertragsteuer zu übertragen.

Im vorliegenden Fall gestaltet sich der Sachverhalt allerdings etwas anders. Hier geht es um Erträge, die es tatsächlich nicht gegeben hat und die deshalb auch weder zu erklären noch zu versteuern sind. Ob auch in einem solchen Fall § 36 Abs. 2 Nummer 2 EStG einschlägig ist oder ob die Erstattung aus § 37 Abs. 2 AO folgt, hat der Bundesfinanzhof, soweit es dem erstinstanzlichen Finanzgericht Rheinland-Pfalz ersichtlich war, bislang zwar noch nicht entschieden. Aus Gründen der Steuergerechtigkeit und der zutreffenden Gesamtbelastung des Steuerpflichtigen muss allerdings eine Anrechnung bzw. Erstattung zwingend erfolgen. Denn der Bundesfinanzhof hat die in § 36 Abs. 2 Satz 2 Nummer 2 EStG getroffene Regelung stets mit Rücksicht auf die materielle Steuergerechtigkeit ausgelegt und wirtschaftlich verstanden. Dies ist beispielsweise einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 20.10.2010 unter dem Aktenzeichen I R 54/09 zu entnehmen. So wurde eine Anrechnung von Lohnsteuer in den Fällen befürwortet, in denen kein steuerpflichtiger Arbeitslohn zugeflossen und dennoch Lohnsteuer abgeführt worden war: Wird nach Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht von den im Ausland bezogenen Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit (zu Unrecht) Lohnsteuer einbehalten und an ein inländisches Finanzamt abgeführt, so ist auch diese Lohnsteuer auf die für den Veranlagungszeitraum festgesetzte Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers anzurechnen. Dies die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 23.5.2000 unter dem Aktenzeichen VII R 3/00.

Vor diesem Hintergrund sieht das Finanzgericht Rheinland-Pfalz nur zwei Möglichkeiten, wie ein entsprechender Fall gelöst werden könnte: Entweder ist § 36 Abs. 2 Nummer 2 EStG dahingehend auszulegen, dass Kapitalerträge, die es nicht gegeben hat, deshalb bei der Veranlagung erfasst sind, weil sie mit null Euro anzusetzen wären, sodass die darauf entfallende Kapitalertragsteuer anzurechnen ist.

Oder aber § 36 Abs. 2 Nummer 2 EStG ist für tatsächlich nicht existente Kapitalerträge nicht einschlägig, sodass sich der Erstattungsanspruch aus § 37 Abs. 2 AO ergibt, weil es in diesem Fall kein Einzelsteuergesetz als lex specialis gibt, das dem allgemeinen Erstattungsanspruch vorgeht. Immerhin hat nach § 37 Abs. 2 AO derjenige, auf dessen Rechnung eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist, gegen den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages. Das gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt.

In diesem Zusammenhang bildet zwar die Anmeldung einer Kapitalertragsteuer einen Rechtsgrund für deren Zahlung, sodass eine Erstattung der Kapitalertragsteuer nach 37 Abs. 2 AO nicht erreicht werden kann, solange und insoweit die Anmeldung fortbesteht und kein gegenläufiger Steuerbescheid ergangen ist. So auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 28.6.2006 unter dem Aktenzeichen I R 47/05.

Insoweit hat sich jedoch die Steueranmeldung mit dem Erlass des nachfolgenden Einkommensteuerbescheides erledigt, da in diesem Bescheid die tatsächlich nicht erzielten Erträge nicht erfasst wurden. Daher besteht ein Anspruch auf Erstattung der Steuerbeträge nach § 37 Abs. 2 AO. Wären die entsprechenden Kapitalerträge hingegen (mit null Euro) erfasst worden, wäre auch wieder § 96 Abs. 2 Nummer 2 EStG einschlägig.

Wie man es daher dreht oder wendet, in jedem Fall gelangt das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seiner oben bereits zitierten Entscheidung zu dem Schluss, dass Kapitalertragsteuer, die auf geschätzte, aber tatsächlich nicht angefallen Erträge abgeführt wurde, definitiv anzurechnen oder aber zu erstatten ist.

Hinweis: Anscheinend ist die Finanzverwaltung mit dieser durchaus logischen Entscheidung nicht einverstanden und möchte solche Kapitalertragsteuern schlicht behalten. Anders ist die Revision vor dem Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VII R 56/20 nicht zu erklären. Abschließend werden daher die obersten Finanzrichter der Republik Stellung nehmen müssen, wobei Betroffenen zu raten ist, sich dringend an das Verfahren anzuhängen, da die Chancen durchaus positiv ausfallen dürften.

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5. Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Bewertung von Arbeitslohn anlässlich von Betriebsveranstaltungen

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (leider) auch Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltungen). Zuwendungen in diesem Sinne sind dabei alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um den rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.

Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 € je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Dies gilt gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 4 EStG für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.

In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof mit seiner Entscheidung vom 29.4.2021 unter dem Aktenzeichen VI R 31/18 entschieden, dass in die lohnsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer vollkommen unabhängig davon einzubeziehen sind, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um den rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet. Vereinfacht ausgedrückt könnte man sagen, dass bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung alle mit dieser in Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen sind und es vollkommen irrelevant ist, ob sie beim Arbeitnehmer überhaupt einen Vorteil begründen können. Ob dieser Auffassung wirklich gefolgt werden kann, muss zumindest mit einem großen Fragezeichen versehen werden. Aktuell ist dies jedoch der Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Noch problematischer wird es aber dann im nächsten Schritt der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die dann schon als durchaus drakonisch bezeichnet werden darf bzw. kann oder sogar muss.

Zunächst soll jedoch an dieser Stelle die positive erstinstanzliche Entscheidung vorweggenommen werden. So hat das erstinstanzliche Finanzgericht Köln in seiner Entscheidung vom 27.6.2018 unter dem Aktenzeichen 3 K 870/17 entschieden, dass für die Ermittlung des Umfangs der lohnsteuerpflichtigen Zuwendungen, die Arbeitnehmer im Rahmen einer Betriebsveranstaltung zugewendet werden, auf die Anzahl der tatsächlich angemeldeten Teilnehmer abzustellen ist. Nachträgliche Absagen und Nichterscheinen einzelner Arbeitnehmer gehen dabei nicht zulasten der teilnehmenden Arbeitnehmer. Diese Auffassung ist durchaus sinnig und auch denklogisch, denn wenn man mit mehreren Arbeitnehmern plant und dann beispielsweise vereinzelt Arbeitnehmer krank werden, darf dies ja nicht zur Lohnbesteuerung der teilnehmenden Arbeitnehmer führen.

Leider hat der Bundesfinanzhof in der vorgenannten Entscheidung diese logische Schlussfolgerung nicht gezogen. Die Auffassung des Bundesfinanzhofes lässt sich vielmehr wie folgt zusammenfassen: Die Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer anlässlich von Betriebsveranstaltungen sind mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers und damit den anteiligen Gesamtkosten der Veranstaltung anzusetzen. Abzustellen ist dabei insoweit auf die teilnehmenden Arbeitnehmer bzw. Begleitpersonen. Der entgegenstehenden Auffassung der erstinstanzlichen Kollegen des Finanzgerichtes Köln wollen sich die obersten Finanzrichter der Republik nicht anschließen. Immerhin wollten die erstinstanzlichen Richter die Gesamtkosten noch auf die angemeldeten Arbeitnehmer verteilen, unabhängig davon, ob diese tatsächlich teilgenommen haben. Der Bundesfinanzhof ist jedoch der Meinung, dass eine andere Rechengröße als die der teilnehmenden Arbeitnehmer und deren Begleitpersonen vom Gesetzgeber nicht vorgesehen wurde.

Im Ergebnis wird es damit bei einer Betriebsveranstaltung zum Glücksspiel, ob die Arbeitnehmer einen lohnsteuerpflichtigen Sachbezug haben oder nicht!

Tipp: Gegen diese (vielleicht dem Gesetzeswortlaut entsprechende) Auslegung wurde nun die Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Betroffene sollten sich daher an das Musterverfahren unter dem Aktenzeichen 2 BvR 1443/21 anhängen. Über die Entscheidung der Verfassungshüter aus Karlsruhe werden wir mit Sicherheit wieder berichten.

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6. Für Unternehmer: Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns eines teilweise privat genutzten Fahrzeugs

Jeder Unternehmer kennt das Spiel: Wird ein Fahrzeug des Betriebsvermögens auch privat genutzt oder besteht auch nur die Möglichkeit, dass dieses privat genutzt wird, muss eine entsprechende Besteuerung der Nutzungsentnahme erfolgen. Entweder geschieht dies durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch oder durch die Ein-Prozent-Regelung. De facto bedeuten beide Möglichkeiten, dass sich im Ergebnis nicht alle Fahrzeugkosten steuermindernd auswirken. Dies gilt insbesondere auch für die Abschreibung. Wird das Fahrzeug nun veräußert, muss hingegen der gesamte Veräußerungspreis steuererhöhend verbucht werden, obwohl sich im Ergebnis nicht sämtliche Abschreibungen und damit nicht die entsprechenden Anschaffungskosten des Fahrzeugs steuermindernd ausgewirkt haben. Ob dies korrekt sein kann, ist aktuell strittig und wird sehr kontrovers diskutiert.

Der Bundesfinanzhof hat in seiner Entscheidung vom 16.6.2020 unter dem Aktenzeichen VIII R 9/18 folgende Entscheidung getroffen: Wird ein zum Betriebsvermögen gehörendes, jedoch teilweise privat genutztes Kraftfahrzeug veräußert, erhöht der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös den Gewinn. Der Umstand, dass die tatsächlich für das Fahrzeug in Anspruch genommene Abschreibung infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise neutralisiert wird, rechtfertigt weder eine lediglich anteilige Berücksichtigung des Veräußerungserlöses bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns noch eine gewinnmindernde Korrektur des Veräußerungsgewinns in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden Abschreibung.

Tatsächlich ist jedoch mittlerweile die vorstehende Entscheidung des Bundesfinanzhofs mittels Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angegriffen worden. Unter dem Aktenzeichen 2 BvR 2161/20 müssen die obersten Finanzrichter der Republik nun klären, ob insoweit tatsächlich der komplette Veräußerungserlös als Betriebseinnahme zu versteuern ist.

Wie schon eingangs gesagt, sind die obersten Finanzrichter des Bundesfinanzhofs der Meinung, dass der realisierte Veräußerungserlös trotz vergangener Besteuerung der Nutzungsentnahme in voller Höhe als Betriebseinnahme zu berücksichtigen ist. Ganz konkret legen sie dar, dass der Veräußerungserlös weder anteilig zu kürzen ist noch eine gewinnmindernde Korrektur in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden Abschreibung stattfindet.

Definitiv ist zwar die tatsächlich in Anspruch genommene Abschreibung in solchen Fällen durch die Besteuerung der Nutzungsentnahme in anteiliger, auf die private Nutzung entfallende Höhe bei wirtschaftlicher Betrachtung neutralisiert worden. Im Urteilsfall war es sogar so, dass eine Abschreibung in Höhe von 75 % neutralisiert wurde. Dennoch geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass diese Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Nutzungsentnahme und deren Besteuerung als Betriebseinnahme keine Auswirkung auf die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung des PKWs haben.

Dabei bezieht sich der Bundesfinanzhof auf eine Reihe früherer Urteile. So hat das oberste Finanzgericht der Republik in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass bei einer Veräußerung eines zum Betriebsvermögen gehörenden, jedoch teilweise privat genutzten Kraftfahrzeugs der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös den Gewinn erhöht.

Weder soll der Veräußerungserlös oder der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös in Höhe der anteiligen Privatnutzung zu kürzen sein, noch soll eine außerbilanzielle Kürzung in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden Abschreibungsbeträge stattfinden.

Dies beruht auf der Sichtweise, dass die Besteuerung der Privatnutzung eines Wirtschaftsgutes im Betriebsvermögen in Form der Nutzungsentnahme einerseits und dessen spätere Veräußerung andererseits unterschiedliche Vorgänge betreffen, die getrennt zu betrachten sein sollen. Die Besteuerung der Nutzungsentnahme unter Berücksichtigung der Abschreibung steht somit in keinem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Bemessung des Veräußerungsgewinns. Denn die Besteuerung der Veräußerung unter Aufdeckung stiller Reserven ist ausschließlich Folge der vollumfänglichen Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen. Die stillen Reserven unterliegen hingegen in voller Höhe der Besteuerung erst dann, wenn die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen durch Veräußerung aufgehoben wird.

Demgegenüber soll Gegenstand der Nutzungsentnahme die zeitweise private Nutzung eines Wirtschaftsguts während seiner Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen sein. Die Abschreibung wird in diesem Rahmen lediglich als Berechnungskosten für die Bemessung der an die Privatsphäre erfolgenden Wertabgabe berücksichtigt. Die Nutzungsentnahme berührt folglich weder den Buchwertansatz, noch führt sie zur Aufdeckung oder Überführung stiller Reserven in das Privatvermögen, wie der Bundesfinanzhof bereits einmal in seiner Entscheidung vom 24.5.1989 unter dem Aktenzeichen I R 213/85 klargestellt hat. Insoweit stellt die Nutzungsentnahme keinen Substanzverzehr dar. Insbesondere zu der Aussage, dass die Nutzungsentnahme keinen Substanzverzehr darstellt, gab es zumindest in der Vergangenheit in der Literatur auch schon durchaus andere Ansichten. Diese verwirft der Bundesfinanzhof jedoch schlicht.

Weiter argumentierte er hingegen: Zudem entfällt der Erlös aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts trotz vorangegangener Nutzungsentnahme nicht anteilig auf einen im Privatvermögen befindlichen Teil des Wirtschaftsgutes und auch nicht auf im Privatvermögen gebildete stille Reserven, die dem Betriebsvermögen im Zeitpunkt der Veräußerung zugeführt werden. Der Erlös aus der Veräußerung ist damit auch nicht um einen Einlagebetrag zu mindern. Auch in diesem Punkt gab es in der Literatur bereits durchaus andere Auffassungen.

Etwas anderes ergibt sich jedoch aus Sicht des Bundesfinanzhofs auch nicht aus anderen Vorschriften. So beispielsweise aus der Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum privaten Veräußerungsgeschäft. Nach dieser Vorschrift vermindern sich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten um Abschreibungsbeträge, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen worden sind. Eine durchaus logische Vorschrift.

Leider gibt es in der gesetzlichen Subsumtion hierbei ein Problem, denn die Vorschriften des privaten Veräußerungsgeschäftes in § 23 EStG kommen bei Gewinneinkünften nicht in Betracht, da die Norm keinen allgemeinen einkommensteuerlichen Grundsatz festschreibt, sondern eine spezialgesetzliche Vorschrift zur Ermittlung des Gewinns aus privaten Veräußerungsgeschäften ist. Dies ist sicherlich richtig, jedoch verkennt der Bundesfinanzhof hierbei offensichtlich, dass der Inhalt der Vorschrift auch auf einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise basiert. Insoweit gibt es auch noch an dieser Stelle in der Literatur andere Auffassungen.

Nach Meinung der Richter des Bundesfinanzhofs scheidet jedoch eine analoge Vorschrift im Pkw-Streitfall definitiv aus, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Denn bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns wären ebenfalls nur die vollen abschreibungsgeminderten Anschaffungskosten des Pkw als Betriebsausgaben zu berücksichtigen, da die Abschreibung bei einem dem Betriebsvermögen zugeordneten Wirtschaftsgut auch dann in voller Höhe tatsächlich abgezogen worden ist, wenn das Wirtschaftsgut teilweise privat genutzt wird. Die Entnahmebesteuerung lässt den Betriebsausgabenabzug in Höhe der Abschreibung unberührt. Sie stellt lediglich eine außerbilanzielle Korrektur des Betriebsergebnisses dar oder führt bei der Gewinnermittlung nach Einnahmenüberschussrechnung zu fiktiven Betriebseinnahmen.

Zu guter Letzt stellt der Bundesfinanzhof noch klar, dass seiner Auffassung nach in der Besteuerung des vollständigen Veräußerungserlöses auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vorliegt und insoweit nicht gegen das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und das objektive Nettoprinzip verstoßen wird. Im Weiteren begründet der Bundesfinanzhof dann noch, warum in seiner Sichtweise kein Verstoß gegen das Grundgesetz gegeben ist. Aus unserer Sicht sind diese Argumente jedoch wenig überzeugend.

Mit Spannung wird daher abzuwarten bleiben, wie sich das Bundesverfassungsgericht unter dem oben bereits genannten Aktenzeichen 2 BvR 2161/20 entscheiden wird.

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7. Für Vermieter: Abfindungszahlungen an den Mieter als Herstellungskosten

Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, stellen grundsätzlich im Zeitpunkt ihres Abflusses Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung dar. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall können die Aufwendungen nur im Rahmen der Abschreibung als Werbungskosten steuermindernd berücksichtigt werden.

Auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestimmt sich die Zuordnung von Aufwendungen zu dem Begriff der Herstellungskosten in erster Linie nach den handelsrechtlichen Vorschriften in § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB). Dies hat bereits der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 14.6.2016 unter dem Aktenzeichen IX R 22/15 manifestiert. Danach sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.

Ausweislich der gesetzlichen Regelung in § 6 Abs. 1 Nummer 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes darüber hinaus auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 50 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Man spricht in diesem Zusammenhang von den sogenannten anschaffungsnahen Herstellungskosten.

Als Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder durch die das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Zu den Aufwendungen in diesem Sinne gehören daher sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen. Zu den Aufwendungen in diesem Sinne zählen insbesondere Aufwendungen für die Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung sowie sogenannte Schönheitsreparaturen. Nicht zu den Aufwendungen gehören entsprechend des gesetzlichen Wortworts ausdrücklich nur Aufwendungen für Erweiterungen im Sinne von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.

Das Finanzgericht Münster vertritt nun in seiner Entscheidung vom 12.11.2021 unter dem Aktenzeichen 4 K 1941/20 F die Auffassung, dass nicht nur die Kosten der üblichen Baumaßnahmen im engeren Sinne als Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Zusammenhang mit den anschaffungsnahen Herstellungskosten anzusehen sind. Vielmehr sind die erstinstanzlichen Richter der Meinung, dass auch die damit in engem wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden sonstigen Aufwendungen, die durch die Durchführung der Maßnahme veranlasst werden und dieser dienen sollen, ebenso zu berücksichtigen sind. Dazu können neben Aufwendungen für die Planung der jeweiligen Baumaßnahme auch die Kosten zählen, die für die Entmietung aufgewendet werden müssen. Entscheidend ist für den erstinstanzlichen Senat der jeweilige Veranlassungszusammenhang der Kosten. Daher vertritt der Senat weitergehend die Auffassung, dass insoweit sonstige Kosten aufgewendet werden, um eine Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahme im Sinne der anschaffungsnahen Herstellungskosten erst durchzuführen, diese den anschaffungsnahen Herstellungskosten zuzuordnen sind.

Stehen solche Kosten hingegen im Zusammenhang mit sonstigen, sofort abziehbaren Erhaltungs- oder Reparaturaufwendungen oder Erhaltungsaufwendungen, die jährlich üblicherweise anfallen, und die damit nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten zählen, stellen diese sofort abzugsfähige Werbungskosten dar. Entsprechendes gilt, wenn Aufwendungen als „sonstige Werbungskosten” in jedem Fall (zwingend) anfallen und nur beiläufig (bei Gelegenheit) im Zusammenhang mit einer Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahme stehen, nicht aber durch die jeweilige Baumaßnahme veranlasst sind (etwa Kosten zur Ermittlung oder Beseitigung der Kontaminierung eines Grundstücks).

Hinweis: Das erstinstanzliche Finanzgericht hat jedoch trotz seiner anscheinend felsenfesten Überzeugung die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, da der Frage, ob Abfindungszahlungen an Mieter zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten gehören können, grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die obersten Richter der Republik werden daher unter dem Aktenzeichen IX R 29/21 eine abschließende Entscheidung zu treffen haben. Betroffene sollten bis dahin etwaige Einkommensteuerbescheide, die die Meinung des erstinstanzlichen Finanzgerichtes Münster widerspiegeln, angreifen und auf das anhängige Musterverfahren beim Bundesfinanzhof verweisen.

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